Oper Burg Gars 2014
Karl Maria von Weber
“DER FREISCHÜTZ”
Premiere 18.Juli 2014

Selcuk Cara als Caspar in der Wolfsschlucht beim Kugelgießen. Die alte Burg als Kulisse.
Wenig Romantik im Waldviertel
Keine Frage, der Kamp fließt noch immer von Nord nach Süd und nicht umgekehrt, wie es Neo-Intendant Johannes Wildner etwas zu vollmundig für die Zeit nach der Premiere versprochen hat. Aber seine zweite Befundung, dass man das Regiehandwerk genauso lernen muß wie das Häuslputzen, pardon, das Reinigen eines Klosetts, diesem Ausspruch kann man nur zustimmen! Ich bin überzeugt, dass der Großteil der Besucher der gestrigen Premiere auf dieser traditionsreichen Ruinenbühne den Regisseur in diese Beschäftigung geschickt hätte!
Nun muß man aber Georg Schütky, dem Regisseur dieses urromantischen Herzeigestücks zugutehalten, dass die finanziellen Mittel für die Neuauflage der Opernfestspiele in Gars nur dürftig sind. Dass er aber dann mit seinen Neudeutungen bestenfalls “Grottenbahnshow” (O-Ton eines Besuchers) erzielt, brav eingelernte Regietheatereffekte statt theatralische Phantasie zeigt, das ist die Kehrseite der Medaille. Dabei begann das Ganze spannend, als das Volk, verlaust, dreckig und verhaltensauffällig auf den großen Regenzauber wartet, das sollte wohl damit gemeint sein, wenn der als Eremit im Programmheft Titulierte auf einem blechernen, rot bemalten Vehikel auf die Bühne geschoben wird und die armseligen Kreaturen mit Wasser bespritzt.
Eremit und Samiel als Gaukler und Bettler, die in die heruntergekommene Dorfgemeinschaft eindringen. “Das ist ein bisschen so, wie wir alle hier nach Gars gekommen sind und niemand glaubt, was wir da eigentlich machen.” So der Regisseur im Programmheft. Und da hat er recht, es ist unglaublich – nämlich unglaublich banal, was die Regie da eigentlich macht. “Theater muss stets seine kommunikativen Aufgaben bewältigen können…Wir mussten die Burg jeden Augenblick mitdenken, weil sich dadurch auch Mischmengen ergeben” Für solche und ähnlich hochtrabende Erklärungen ist natürlich ein Programmheft da, für das Ergebnis hätte man allerdings keines Wechsels in der Intendanz bedurft, auch wenn bei dieser zuletzt schon die erforderliche Phantasie in Verdünnung geriet.
Ausstattung gibt es kaum, der rote Blechwagen ist neben dem Eselskarren das einzige Gefährt. Zwei riesige Fackeln ergänzen die Woflsschlucht, eine Friseurhaube für Agathe, unter die sie mit Gewalteinwirkung gezerrt wurde, gibt es auch noch. Für die Ausstattung zeichnet Christina Schmitt.
Letztlich war auch die gesangliche Wiedergabe bestenfalls als durchwachsen zu bezeichnen. Michael Bedjai war mit seinem, zeitweise angestrengt klingenden Charaktertenor nicht die Idealbesetzung des Jägerburschen Max, schließlich hat Weber auch klangvolle Kantilenen in die Kehle dieser Partie geschrieben, die man gerne auch so gehört hätte. Wenigstens Bettina Jensen versöhnte da als Agathe mit ruhig fließenden Passagen im Piano und Mezzavoce, mehr Akuratesse für die höheren Jubeltöne wäre wünschenswert gewesen.

Selcuk Cara
Ungewöhnliche Lockerheit im Spiel und in den perfekt gesprochenen Passagen zeigte Celcuk Cara in der Rolle des Caspar, auch sein markanter Heldenbariton ließ aufhorchen, das alles zusammen machte ihn zum Star des Abends und ließ den Wunsch aufkommen, dem Sänger auf einer richtigen Opernbühne zu begegnen. Vor allem beindruckte er in der zentralen Szene der Wolfsschlucht darstellerisch.
Der Rest des Ensembles wurde seinen Aufgaben gerecht – wie es so schön heißt – daraus zu erwähnen sind: Claudia Goebl als ein soubrettiges, nettes Ännchen, der spottbereite Kilian des Till von Orlowsky, Andreas Jankowitsch als Erbförster Cuno, der versoffene Ottokar von Andreas Scheibner. Yasushi Hirano mußte auf dem roten, blechernen “WC-Wagen” allerlei fernöstliche, spirituell gesteuerte Haltungsübungen vorführen, ehe er seinen Eremiten gesanglich hinter sich brachte.
Johannes Wildner, der Neo-Intendant leitete die Klangvereinigung Wien und besorgte jene Klangromantik, die von der Regie vorenthalten wurde. Zwischendurch studierte er in einer Lichtpause dem Publikum die Tralala-Begleitung zum Jägerchor ein und zeigte dem Publikum, wie schwer das Chorsingen ist. Trotz der problematischen Situierung des Orchesters unterstützte er das singende Personal gekonnt.
Leider nur für die Premiere spielte eine Trachtenkapelle mit ihren Jagdhörnern und sorgte für feine, romantische Stimmung vor und nach der Aufführung, dazwischen aber auch auf der Bühne mit perfekter Freischütz-Musik.
Peter Skorepa
Fotos: Oper Burg Gars/Lukas Beck