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MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER

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 FilmPlakat Monsieur Claude~1

Ab 25. Juli 2014 in den österreichischen Kinos
MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER
Qu’est-ce qu’on a fait au Bon Dieu? /  Frankreich  /   2014
Regie: Philippe de Chauveron
Mit: Christian Clavier, Chantal Lauby, Ary Abittan, Medi Sadoun, Noom Diawara, Frédéric Chau u.a.

Das Thema muss den  Franzosen einfach unter den Nägeln brennen, sonst würden sie es nicht in so vielen Filmen drehen und wenden. Und sonst hätten diese Filme nicht so großen Erfolg, auch wenn sie – vom Standpunkt des Filmkritikers – nicht so sonderlich „gut“ sind. Aber es geht darum, was sie erzählen. Nämlich, dass die Franzosen eine Multi-Kulti-Nation geworden sind – und dass sie damit leben müssen.

Den meisten gefällt das in der Tiefe ihrer Seele vermutlich ebenso wenig wie Monsieur Claude, dem typischen, satten, nach außen hin brav katholischen Großbürger – gespielt von Christian Clavier, einst Asterix, nicht mehr wieder zu erkennen, so breit und ältlich ist er geworden. Mürrisch genug angesichts der Schwiegersöhne, die seine vier schönen, typisch französischen Töchter anschleppen: ein Jude, ein Araber, ein Chinese und schließlich noch ein Schwarzer. Aber immerhin, er bemüht sich, seine Missbilligung nicht politisch unkorrekt auszudrücken – sie sprüht ihm bloß nur so aus den Knopflöchern… Während seine reizende, aber doch überforderte Gattin (Chantal Lauby) alles tut, um alles auch ganz richtig zu machen. Was ja gar nicht so einfach ist, etwa beim Weihnachtsessen alle kulturellen Eßgewohnheiten zu berücksichtigen, weshalb Mama sich nach und nach an den Rand eines Nervenzusammenbruchs katapultiert.

Witzig an dem Film, den Philippe de Chauveron geschrieben und inszeniert hat, sind die Schwiegersöhne: Denn während sich die Europäer ja selbst dazu verurteilen, still und tolerant zu sein, fallen Araber und Jude durchaus über einander her, und der Chinese lässt sie in drückender wirtschaftlicher Überlegenheit gar wissen, wie wenig er von ihnen hält. Am köstlichsten aber ist, wie diese drei Schwiegersöhne – die in einer Szene, in der Frankreich entweder stöhnt oder gerührt seufzt, aus voller Brust die Marseilleise singen – eigentlich empört sind, als die vierte Schwester mit einem Schwarzafrikaner (um nicht Neger zu sagen) daher kommt. Das geht, finden sie nämlich, zu weit… wenn man hier auch ins Treffen führen könnte, dass er wenigstens katholisch ist!!! (Beim jüdischen Teil der Familie musste man sogar bei einer Beschneidung dabei sein…)

Die Erkenntnis, dass der Chauvinismus, den wir Europäer uns nicht mehr erlauben, von den anderen mit größter Selbstverständlichkeit (mit allen Vorurteilen und allen verbalen Injurien) ausgelebt wird, ist nicht neu – und stellt hier ein amüsantes Handlungselement dar.

Eine Schwäche des Films besteht darin, dass die vier Töchter so gut wie gar kein Profil gewinnen, dass Ary Abittan (als der Jude) und Medi Sadoun (als der Moslem) zwar anerkannte „französische“ Schauspieler, aber als Männer nicht sehr attraktiv sind: Und es wäre doch auch das Thema, dass die Frauen hier von dem Reiz des Andersartigen angezogen sind. Bei diesen beiden Herren fragt man sich, was die Damen an ihren Angetrauten wohl finden…

Besser schneidet Chao Ling (der witzige Frédéric Chau) als der chinesische Schwiegersohn ab, am allerbesten der wirklich lockere Charles Koffi von der Elfenbeinkünste (Noom Diawara), der gelernt hat, sich mit Humor durch die verkrampften Weißen durch zu jonglieren. An seinem Beispiel wird dann noch das Verhalten der anderen behandelt – denn da kommt die ganze Familie aus dem tiefen Afrika zur Hochzeit, von Vorurteilen gegen die Weißen im allgemeinen und die Franzosen im besonderen schwelend – und wie dann das Drehbuch die Verbrüderung des Monsieur Claude mit Papa Koffi (Pascal N’Zonzi) bewerkstelligt, via Suff, Randalieren, Nacht im Gefängnis, das ist dann wieder die totale Verharmlosung und Veralberung eines Themas zum allgemeinen satt lachenden Happyend (so wie es die Amerikaner lange gemacht haben).

Damit schmeißt man alles, was an diesem „Monsieur Claude“ bedenkenswert wäre, leichtherzig weg. Man kauft sich mit der falschen Harmonisierung allerdings den Riesenerfolg – der Film hatte noch mehr Besucher als die (auch enorm verlogenen und beschönigten) „Ziemlich besten Freunde“…

Renate Wagner

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