Frankens Städte erfreuen mit Kultur und Genuss, 29.07.2014
von Ursula Wiegand
Wenn jemand von Franken spricht, denken Wagner-Fans sofort an Bayreuth, andere vermutlich an Bamberg, Nürnberg und Würzburg mit Frankenwein im Bocksbeutel. Richtig. Doch selbst in Würzburg gibt es mehr zu entdecken als die weltbekannte spätbarocke Residenz, erbaut 1720 – 1744 nach den Plänen des damals noch kaum bekannten Balthasar Neumann. Zusammen mit ihm arbeiteten Lucas von Hildebrandt aus Wien und Maximilian von Welsch aus Mainz.
Würzburg, Residenz. Foto: Ursula Wiegand
Bei der Innenausstattung war ein weiteres Genie tätig, der Venezianer Giovanni Battista Tiepolo, der in Neumanns freitragendem Treppenhaus das größte zusammenhängende Fresko der Welt schuf. Dieses Schlosszentrum entging weitgehend dem Bombenhagel am 16. März 1945. Für die Instandsetzung der restlichen Schlossteile brauchte man fast vier Jahrzehnte. Doch der Aufwand wurde belohnt: 1981 erklärte die UNESCO die Würzburger Residenz, nun wieder eines der prachtvollsten Schlösser Europas, zum Weltkulturerbe.
Würzburg, St. Nepomuk auf der Alten Mainbrücke. Foto: Ursula Wiegand
Würzburgs Altstadt hat ebenfalls vieles zu bieten, und beim Gang über die Alte Mainbrücke (von 1543) kommt mir sofort die Karlsbrücke in Prag aus dem 14. Jahrhundert in den Sinn. Sicherlich hat man sich von ihr inspirieren lassen, auch bei der Aufstellung von Brückenheiligen. Doch ganz so verhärmt wie sein tschechischer Kollege wirkt der hiesige St. Nepomuk nicht. Vermutlich wurde in Würzburg schon immer gut gegessen und getrunken, und so ist es nach wie vor, z.B. im Backöfele.
Gut Geld ausgeben könnten Besucher hier ebenfalls, so beim Goldschmied Markus Engert (Tel. 0049-(0) 931-51537). In seiner Werkstatt mit 11 Angestellten werden aber nicht nur Unikate für schlanke Finger und Hälse oder ein Silberservice für die Jagdgesellschaft gefertigt, sondern auch extrakleine Salz- und Pfefferstreuer für Kunden, die im 3-Sterne-Restaurant unauffällig nachwürzen möchten.
Goldschmied Markus Engert mit restauriertem Abendmahlskelch. Foto: Ursula Wiegand
Das Hauptaugenmerk gilt jedoch der Restaurierung kostbarer Stücke, so einem tausend Jahre alten Döschen aus Byzanz. Auch Kirchenschätze aus Fulda und Regensburg wurden hier in traditioneller Technik, z.B. per Feuervergoldung, wieder gebrauchstüchtig gemacht. Nun ist Wertvolles aus der Lorenzkirche in Nürnberg an der Reihe.
Würzburg. Alte Mainbrücke mit Dom. Foto: Ursula Wiegand
Die Alte Mainbrücke führt direkt zum doppeltürmigen romanischen St. Kilians-Dom, errichtet im 11/12. Jahrhundert. 1945 brannte er aus, wurde aber bis 1967 originalgetreu wieder aufgebaut. Der barocke Chor war erhalten geblieben, ebenso die von Balthasar Neumann gestaltete Fürstenkapelle sowie zwei Marmor-Epitaphe von Tilmann Riemenschneider. Der gestrenge alte Herr auf dem einen war Fürstbischof Rudolf II von Scherenberg.
Würzburg, Dom, Epitaph von Tilmann Riemenschneider. Foto: Ursula Wiegand
Mit dem Einbau der neuen großen Domorgel (86 Register) von Josef Schäfer fand die Instandsetzung des Doms 1969 ein gutes Ende. In ihren Prospekt hat man die Domuhr von 1574 integriert und an der Südseite des Gotteshauses eine kleine Chororgel angefügt.
Noch deutlicher hat sich die Augustinerkirche von althergebrachtem Zierrat verabschiedet. Aus freien Stücken haben sich die Ordensbrüder 2010/11 für eine moderne, multifunktionale Stadtkirche entschieden und sich auch an den Kosten beteiligt.
Würzburg, Augustinerkirche, Rokoko und Moderne. Foto: Ursula Wiegand
Im Chor ist noch Rokoko-Ambiente verblieben, nicht aber an den glattweißen Wänden. Kontraste schaffen zeitgenössische, farbstarke Kunstwerke. Hinter dem Hauptaltar hängt „Das Himmlische Jerusalem“ von Jacques Gassmann. Auch die (nur) 12 Kreuzweg-Stationen hat er gemalt.
Ein zweiter, kleinerer Altar steht mitten im Gotteshaus, ebenso der Spieltisch der Orgel, so dass man dem Organisten auf die Finger schauen oder gar selbst darauf spielen kann. Die Stühle lassen sich variabel platzieren. Diese Wende haben die Gläubigen angenommen, die Kirche ist voller denn je.
Blick auf Würzburg vom Steinweinpfad. Foto: Ursula Wiegand
Die Moderne findet sich selbst in den Weinhängen. Vom feinen Schlosshotel Steinburg (www.steinburg.com) mit fabelhaftem Blick auf Würzburg gehen wir rd. 4 km auf dem Steinweinpfad zum „Weingut am Stein“. Hier haben die Eigner, das Ehepaar Knoll, im Jahr 2004 einen Architekturwettbewerb für ihre Erweiterungsbauten ausgelobt und dann dem jungen Architektenteam Hofmann Keicher Ring Architekten, Würzburg, den Auftrag erteilt.
Würzburg, Weingut am Stein, Moderne mit Stimmung. Foto: Ursula Wiegand
Das eine Gebäude, ein Kubus mit Muschelkalk-Oberfläche, enthält unten die Brennerei und darüber die Gäste-Appartements. Die Attraktion ist jedoch das mit Holzlamellen verkleidete Gebäude für den Weinverkauf. Bei den sehr beliebten Hoffesten tobt rundherum das Leben. Das Architektenteam errang für diese Bauten mehrere Preise, und die Familie Knoll avancierte damit deutschlandweit zu den Vorreitern beim Thema „Weinbau und Architektur“.
Aschaffenburg:
Aschaffenburg, Schloss Johannisburg von 1614. Foto: Ursula Wiegand
In Aschaffenburg war es ein noch Jüngerer, der Außerordentliches leistete. Schon als 16-Jähriger hatte Hans Juncker den Hochaltar der Pfarrkirche von Darstadt (bei Würzburg) geschaffen. Mit einem Meisterwerk beglückte er später das umgebaute Schloss Johannisburg: dem Alabaster-Hochaltar in der Schlosskapelle. Auch die figurenreiche Kanzel stammt von ihm.
Aschaffenburg, Altar der Schlosskapelle. Foto: Ursula Wiegand
Schloss Johannisburg, der bedeutendste deutsche Schlossbau der Renaissance mit seinem noch weit älteren Bergfried, feiert in diesem Jahr sein 400-jähriges Jubiläum und widmet dem Bildhauer im Schlossmuseum die Ausstellung „Wunderkind Hans Juncker“ (noch bis zum 7. September).
Die Wiedererrichtung dieses Riesenbaus erscheint mit Blick aufs Modell der Schlossruine am Ende des 2. Weltkriegs wie ein Wunder. „Nie hätte ich gedacht, dass es wieder aufgebaut werden könnte,“ räumt Stadtführer Gerd Stein unumwunden ein. Doch 1964 war das Werk vollbracht, Aschaffenburg hatte sein Wahrzeichen wieder. Auch die Schauräume konnte die Bayerische Schlösserverwaltung eröffnen.
Aschaffenburg, Schloss Johannisburg, Korkmodell. Foto: Ursula Wiegand
Neben den Werken von Lucas Cranach d.Ä., Ernst-Ludwig Kirchner und Christian Schad erwartet die Besucher eine Besonderheit: die weltweit größte Sammlung von Architekturmodellen aus Kork. Der Hofkonditor Carl May und sein Sohn Georg bildeten ab 1792 die berühmtesten Ruinen Roms aus der Zeit von Kaiser Vespasian (9-79 n. Chr.) verkleinert, jedoch detailgenau nach.
Aschaffenburg, Pompejanum. Foto: Ursula Wiegand
Am Main entlang spazieren wir zum Pompejanum, das Bayerns König Ludwig I nach der Besichtigung von Pompeji für stolze 250.000 Gulden aus der eigenen Schatulle errichten ließ. 1843 legte er selbst den Grundstein für diesen Nachbau einer römischen Villa samt Inneneinrichtung und Büsten (Kopien) römischer Herrscher. Aufmerksam beäugt eine Besucherin Kaiser Tiberius.
Aschaffenburg, Pompejanum, Besucherin beäugt Kaiser Tiberius. Foto: Ursula Wiegand
Ludwig I liebte Aschaffenburg, doch gewohnt hat er im Pompejanum keineswegs. Sein Ziel war es, die Bürger zu bilden und ihnen mit dieser Nachschöpfung die Antike nahe zu bringen. Auch das Pompejanum ist auferstanden aus Ruinen, ist ein Unikat nördlich der Alpen und in weit besserem Zustand als die Relikte im vernachlässigten Pompeji.
Aschaffenburg, ottonisches Kreuz in der Stiftskirche. Foto: Ursula Wiegand
Neben solch auffälligen Highlights hat es selbst die mehr als tausendjährige Stiftskirche in der Altstadt – seit 1958 eine päpstliche Basilica minor – schwer, die ihr gebührende Aufmerksamkeit zu erringen. Die aber verdienen auf alle Fälle das ottonische Kreuz und die „Beweinung Christi“, gemalt 1525 von Matthias Grünewald.
Nach all’ diesen Erlebnissen noch ein Tipp: die Keramikerin Andrea Müller besuchen, durch die Galerie gehen und sich im lauschigen Garten, bestückt mit Skulpturen von Helmut Massenkeil, erholen. (http://www.werkstatt-galarie.de).
Schweinfurt:
Schweinfurt, Rathaus von 1572. Foto: Ursula Wiegand
Dass Bauten Besucher anziehen, merkt man in Schweinfurt mehr und mehr. Die Stadt mit dem hübschen Rathaus, geadelt durch ein Wappen von Kaiser Maximilian, kann sich ohnehin sehen lassen, und wer den Schrotturm erklimmt, hat einen schönen Blick über die Dächer.
Schweinfurt, Museum Georg Schäfer, 2000, Staab Architekten Berlin. Foto: Ursula Wiegand
Den eigentlichen Schub erhielt Schweinfurt jedoch durch das Museum Georg Schäfer, errichtet im Jahr 2000 durch Staab Architekten Berlin. In dem modernen, licht durchfluteten Haus kommt die Privatsammlung von Georg Schäfer (1896-1975), früherer Eigentümer von FAG Kugelfischer, perfekt zur Wirkung.
Museum Georg Schäfer, Flora von Lovis Corinth, 1913. Foto: Ursula Wiegand
Der Industrieelle spezialisierte sich seit den 1950’er Jahren auf die Malerei des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Caspar David Friedrich, Lovis Corinth, Adolph Menzel und Max Liebermann sind hier vertreten.
Ein besonderes Faible hatte er offensichtlich für Carl Spitzweg (1808-1885). Mit mehr als 250 Werken trug Georg Schäfer die weltweit größte Spitzweg-Sammlung zusammen, kleinformatige, romantisch wirkende Bilder mit Hintersinn. Noch bis zum 30. November sind ausgewählte Stücke in einer Sonderausstellung zu sehen.
Schweinfurts neuer Stadtstrand. Foto: Ursula Wiegand
Doch ein ganz neues „Bauwerk“ ist momentan der große Hit: der im Juli eröffnete Stadtstrand oberhalb des Mains. Genau der richtige Ort, um wettergerecht zu relaxen.
Infos beim Franken Tourismus, Tel. 0049-(0)911-94151-0, Mail: info@frankentourismus.de, Internet: www.frankentourismus.de