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INNSBRUCK/ Festwochen der Alten Musik: ALMIRA von G.F.Händel

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Innsbrucker Festwochen der Alten Musik: „Almira“ von Georg Friedrich Händel (Vorstellung: 14. 8. 2014)

 almira
Klara Ek als Almira mit Sara-Maria Saalmann als Tabarco und zwei weiteren Liebesengelchen (Foto. Rupert Larl)

Die „Innsbrucker Festwochen der Alten Musik“ stehen heuer unter dem Motto „1685“  und gedenken damit einem Jahr, in dem Johann Sebastian Bach in Eisenach geboren wurde, Georg Friedrich Händel in Halle, Domenico Scarlatti in Neapel sowie Ludovico Giustini in Pistoia zur Welt kamen und Jean-Baptiste Lully die Oper „Armide“ komponierte.

 Wieder stehen in Innsbruck neben einem reichhaltigen Konzertprogramm selten oder kaum gespielte Opern auf dem Programm. So kam am 14. August im Tiroler Landestheater „Almira“ von Georg Friedrich Händel zur Aufführung, die auch unter den Namen „Almira, Königin von Kastilien“ (vor einigen Jahren im Hof der Greinburg in Niederösterreich gespielt) und „Der in Kronen erlangte Glückswechsel“ aufgeführt wurde. Es ist das Erstlingswerk des damals 19-jährigen Komponisten aus Halle an der Saale.

 Die Uraufführung der Oper in drei Akten, deren Text Friedrich Faustking nach dem italienischen Libretto Giulio Pancieris verfasste (von Giuseppe Boniventi bereits 1691 und von Ruggiero Fedeli 1703 vertont), fand 1705 in Hamburg statt, wobei sie 41 deutsche und 15 italienische Arien enthielt. In Innsbruck wurde sie in italienischer und deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln gezeigt, die zum Unterschied von vielen anderen Opernhäusern hervorragend zu lesen waren! Ihre Handlung in Kurzfassung:  Am Hof der Königin Almira lebt der Findling Fernando, dessen hohe Herkunft sich erst spät aufklärt, worauf nach vielen Verwirrspielen die Intrigen des Hofs nichts mehr gegen eine Vermählung mit Almira ausrichten können.

 Die niederländische Regisseurin Jetske Mijnssen, deren exzellente und oftmals humorvolle  Personenführung ins Auge stach, änderte allerdings den Schluss von Händels erstem Opernwerk. Happyend heutzutage nicht mehr zeitgemäß? Diese Frage beantwortete die Regisseurin in einem im Programmheft abgedruckten Interview folgendermaßen: „Im Schlusschor wollen die Paare ihre ‚bittere Pein‘ nur noch ‚verzuckern, versüßen‘, so heißt es dort. Sie wollen also bewusst das Vergangene vergessen machen. Ich glaube nicht, dass das möglich ist. Die Verbindung Osman – Edilia ist geplatzt, denn Osman hat sie zugunsten der Macht verraten. Edilia hat sich nur für Raymondos Geld interessiert. Fernando dachte schon, dass Almira ihn hinrichten lässt. Wie soll da noch eine unbeschwerte Zukunft möglich sein? Ich finde es interessant, den Abend mit einer offenen Frage enden zu lassen. Nach der Enttäuschung bleibt jedem eigentlich nur die Erkenntnis dass er zu sich selbst finden muss.“

 So stehen am Schluss der Oper die sechs Protagonisten recht ratlos und irritiert auf der Bühne und blicken ins Leere. Den Zuschaurinnen und Zuschauern störte das offene Ende nur wenig, wie der starke Beifall für das Sängerensemble zeigte. Sehr gut beim Publikum kam der Einbau von Händels großartiger Arie „Lascia ch’io pianga“ aus seiner Oper „Rinaldo“ an.  Diese weltberühmte Sarabande wurde zu einem absoluten Höhepunkt der Vorstellung.

 Für das spartanische Bühnenbild und die Kostüme war Ben Baur zuständig. Er kam mit wenigen Requisiten aus und nützte die Drehbühne geschickt zur raschen Umwandlung der Szenen. Einen eher zwiespältigen Eindruck hinterließen die Kostüme, die aus mehreren Jahrhunderten stammten und wohl das Zeitlose des Inhalts symbolisieren sollten. Nur die spanisch-königliche Tracht für Almira fiel aus dem Konglomerat der Alltagsgewänder heraus. Für die kreativen Lichteffekte sorgte Mark van Denesse.

 Aus dem internationalen Sängerensemble ragten die Damen heraus. Exzellent die französische Sopranistin Mélissa Petit in der Rolle der Edilia, die sowohl stimmlich wie schauspielerisch zu brillieren wusste.  Köstlich die Szene, wie sie nach dem Streit mit Osman ihre Begeisterung über Raymondos Schmuckgeschenk köstlich zelebriert! In der Titelrolle bot die schwedische Sopranistin Klara Ek eine nicht minder beeindruckende Leistung. Sie legte ihre Rolle mit viel Humor an, was sich nicht nur in der Abwehr ihrer Verehrer und in ihren Zornausbrüchen zeigte. Zu einem Höhepunkt wurde ihre melancholische Arie „Lascia ch’io pianga“, in der sie ihre Verzweiflung und Trauer über die verloren geglaubte Liebe Fernandos stimmlich so ausdrucksstark und erschütternd wiedergibt, dass es einem kalt über den Rücken lief. Das Publikum lohnte es ihr mit frenetischem Beifall.

 Ebenso überzeugend die spanische Sopranistin Sara-Maria Saalmann als Tabarco, der als Gott Amor das Spiel um Liebe und Macht immer wieder vorantreibt und sogar in einer Fechtszene zu brillieren wusste (ihre kleinen stummen Gehilfen waren Johanna Piening und Julia Barbach, die ihre Rollen mit sichtlicher Freude spielten). Als Dienerin Bellante, in Osman verliebt und von Consalvo begehrt, machte die junge amerikanische Mezzosopranistin Rebecca Jo Loeb eine gute Figur.

 Die männliche Hauptrolle Fernando, der als Consalvos verschollener Sohn Floraldo ein standesgemäßer Gatte für die Königin Almira ist, wurde vom ukrainischen Bariton Viktor Rud dargestellt. Er bemühte sich, sehr  wortdeutlich zu singen, blieb aber schauspielerisch zu farblos. Überzeugender in der Rolle des Consalvo der oft witzig agierende deutsche Bass Wolf Matthias Friedrich. Mit seinem tief-warmen Bass konnte der Tiroler Florian Spiess als Raymondo ebenso gefallen wie der junge deutsche Tenor Manuel Günther als Osman.

 Für die hohe musikalische Qualität sorgte das mit Pauken und Trompeten stark besetzte Orchester Academia Montis Regalis, das von Alessandro De Marchi, dem Künstlerischen Leiter der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, mit großem Einfühlungsvermögen dirigiert wurde. Kein Wunder, dass er mit seinem Orchester vom Publikum am Schluss der Vorstellung minutenlang bejubelt wurde. Lang anhaltenden Applaus gab es für das Sängerensemble, wobei  Klara Ek und Mélissa Petit viele Bravorufe erhielten.

 Udo Pacolt

 PS: Die nächsten Opernaufführungen im Rahmen der „Innsbrucker Festwochen der Alten Musik“ sind „L’Orontea“ von Pietro Antonio Cesti (22., 24. und 26. 8.) und „Narciso“ von Domenico Scarlatti (29. und 31. 8.).

 

 

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