Baden-Baden: Ausstellung 40/10 – 40 Jahre Sammlung, 10 Jahre Museum Frieder Burda, 25.08.2014
von Ursula Wiegand
In einer spektakulären Jubiläumsausstellung wird, wie schon der Titel zeigt, zweierlei gefeiert: die 40jährige Kunstsammlertätigkeit von Frieder Burda und das 10jährige Bestehen des Museums Frieder Burda, für ihn errichtet vom US-Stararchitekten Richard Meier.
Museum Frieder Burda von Richard Meier, frontal. Foto: Ursula Wiegand
Von den rund 1.000 Werken moderner und zeitgenössischer Kunst, die Frieder Burda (geb. 1936) neben seiner Tätigkeit im Druck- und Verlagsimperium seines Vaters Franz Burda erworben hat, werden nun die wegweisenden in zwei Häusern präsentiert: im Meier-Museum und in der neoklassizistischen Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden von Hermann Billing. Ein lichter Gang im 1. Stockwerk verbindet beide Bauten.
Museum Frieder Burda von Richard Meier, seitlich. Foto: Ursula Wiegand
Meiers strahlend weißer Bau unter mächtigen Bäumen im Kurpark von Baden-Baden bettet sich in die Natur und ist schon für sich ein Highlight. Bereits bei seinem 1995 in Barcelona errichtetem MACBA-Museum setzte Richard Meier (geb. 1934) auf Helligkeit, und sagte zu seinem Baden-Badener Gebäude: „Licht ist hier das wichtigste Baumaterial, ihm kommt eine Schlüsselfunktion zu.“ Selbst in die unteren Stockwerke fällt viel Tageslicht.
Museum Frieder Burda, lichter Gang. Foto: Ursula Wiegand
Schon der Gang aus dem hellen Atrium auf den sanft an- und absteigenden Rampen durch die vier Stockwerke wird zu einem Erlebnis. „Ich hoffe, die Besucher werden den Parcours durch das Gebäude als einen eigenen Rhythmus aus Bewegung und Ruhe erleben,“ wünscht sich Richard Meier. Genau so ist es. Und immer wieder schaut die Natur von außen durch kleine und größere Fenster ins Gebäude.
Museum Frieder Burda, Gang mit Andy Warhols „The Three Gentlemen“. Foto: Ursula Wiegand
Durch die ebenso schlichte wie raffinierte Gestaltung der Gänge ergebt sich oft eine besondere Perspektive auf einzelne Bilder und verlockt zum Nähertreten, um beispielsweise Andy Warhols „The Three Gentlemen“ (1982) genauer zu betrachten.
Insgesamt hat Richard Meyer mit diesem Museum mehr als nur einen meisterlichen Rahmen für Ausstellungen geschaffen. „Everyone’s life is enriched by the art of architecture,“ steht als Ausspruch des Pritzker-Preis-Trägers (quasi der Nobelpreis für Architektur) in großen Lettern auf einer weißen Wand.
Museum Frieder Burda, Gerhard Richter, „Abstrakte Bilder“, 1997 u. 1992. Foto: Ursula Wiegand
Dass Frieder Burda von Anfang an ein Faible von Gerhard Richter hatte, fällt in dieser Ausstellung sofort auf. Seine farbstarken „Abstrakten Bilder“ aus den 1990’er Jahren sind die Hingucker im großen Saal seines Museums. Geschützt durch die Lamellen an der Südseite des Hauses setzt sich dort auch Richters „Gelbgrün“ von 1982 perfekt in Szene.
Museum Frieder Burda, Gerhard Richter, „Kerze“, 1982. Foto: Ursula Wiegand
Im gleichen Jahr entstand das schlichte Gemälde „Kerze“, das gerade zwei junge Männer betrachten. Richters Frühwerke, die ihn auf der Suche nach dem eigenen Stil zeigen, sind nebenan in der Staatlichen Kunsthalle zu sehen.
Museum Frieder Burda, E. L. Kirchner, Straße mit Passanten bei Nachtbeleuchtung, 1926-27. Foto: Ursula Wiegand
Kuratoren der Gemeinschaftsausstellung sind Götz Adriani und Helmut Friedel, und beide betonen die Kontraste. Zu den Schwerpunkten der Jubiläumsschau gehören daher die deutschen Expressionisten im Museum Frieda Burda, wie Ernst Ludwig Kirchner, Max Beckmann und August Macke. Beckmann hat auch Baden-Baden als Motiv gewählt.
Museum Frieder Burda, Max Beckmann, „Blick aus dem Fenster in Baden-Baden“, 1936. Foto: Ursula Wiegand
Dem lange verkannten Spätwerk von Pablo Picasso, das Frieder Burda beizeiten für sich entdeckte, ist ein ganzer Saal, das Mezzanin, gewidmet.
Museum Frieder Burda, Pablo Picasso, “Le couple”, 1969. Foto: Ursula Wiegand
Intensiv farbig und Sex-betont sind seine „Nu couché“ von 1968 und „Le couple“ aus dem folgenden Jahr.
Museum Frieder Burda, Wilhelm Lehmbruck, „Frauenbüste“, nach 1919. Foto: Ursula Wiegand
Dagegen erscheint Wilhelm Lehmbrucks „Frauenbüste“, geschaffen nach dem Ersten Weltkrieg (!), wie ein Stück aus einer (wieder) heilen Welt.
Staatliche Kunsthalle, Robert Rauschenberg, „Big Pile of Bones“, 2005. Foto: Ursula Wiegand
Frieder Burdas Amerika-Aufenthalt in den 1970er Jahren lenkte seinen Blick auf die dortigen abstrakten Expressionisten Jackson Pollock, Willem de Kooning und Mark Rothko. Später kaufte er auch Werke u.a. von Andy Warhol, John Chamberlain und Robert Rauschenberg, so dessen „großen Knochenhaufen“.
Staatliche Kunsthalle, Sigmar Polke, Dollar-Bild, 1971
Ein Schwergewicht bildeten darüber hinaus die deutschen Nachkriegskünstler, darunter Sigmar Polke. Dessen berühmt gewordenes „Dollar-Bild“ von 1971 karikiert den Run nach Geld jener Jahre.
Staatliche Kunsthalle, Sigmar Polke, „Amerikanisch-Mexikanische Grenze“, 1984. Foto; Ursula Wiegand
Und seine Darstellung der Verzweifelten an der „Amerikanisch-Mexikanischen Grenze“, die durch den Zaun ins gelobte Land wollen, ist noch genau so aktuell wie 1984.
Staatliche Kunsthalle, Georg Baselitz, „Sieben mal Paula“, 1987-88. Foto: Ursula Wiegand
Selbstredend ist auch Georg Baselitz vertreten, der seine Paula gleich siebenmal über Kopf gemalt hat. Skurrilen Humor beweist ebenfalls Anselm Kiefer, hat er doch sein Werk mit „Böhmen liegt am Meer“ betitelt.
Staatliche Kunsthalle, Anselm Kiefer, „Böhmen liegt am Meer“, 1995. Foto: Ursula Wiegand
Viel ernster gibt sich dagegen der Österreicher Arnulf Rainer mit der dramatisch dunklen Darstellung eines Kreuzes.
Staatliche Kunsthalle, Arnulf Rainer, „Kreuz“, 1984-87. Foto: Ursula Wiegand
Der Knaller sind jedoch die beiden knackigen Motorradfahrer in Schräglage. Doch wo ist „Alice“? Dieser Name steht auf dem geliebten „heißen Ofen“, auf dem beide gerade rasant in die Kurve gehen.
Staatliche Kunsthalle, Malcolm Morley, „Alice“, 2007. Foto: Ursula Wiegand
Diese Doppelausstellung läuft noch bis zum 26. Oktober, dienstags bis sonntags von 10-18 Uhr. Das Ticket für 12 Euro gilt für beide Gebäude. Katalog 35 Euro. - Es folgt eine weitere Schau mit dem Titel „40 ׀ 10 Bilderwechsel“ vom 8. Nov. 2014 bis 15. Februar 2015 im Museum Frieder Burda.
(U.W.) _____________________________________________________________________________________