Autor/Regisseur Gabriel Barylli und sein Team, Fotos: Michael Fennes
WIEN / Vienna’s English Theatre:
CHICKENSHIT by Gabriel Barylli
World Premiere of the English Version of BUTTERBROT.
Premiere: 9. September 2014,
Besucht wurde die Voraufführung
Es ist ziemlich genau 28 Jahre her, dass „Butterbrot“ in der Drachengasse uraufgeführt wurde und dem jungen Autor Gabriel Barylli, der auf der Kinoleinwand als Torbergs „Schüler Gerber“ bekannt geworden war, zu einem sensationellen Bühnenerfolg verhalf, den er selbst, ein fleißiger Schreiber auch von Stücken (und Romanen, Drehbüchern, Libretti wie zuletzt Udo Jürgens’ „Ich war noch niemals in New York“), nicht mehr toppen konnte.
Sicher keine dumme Idee, auf diesen seinen „Ur-Erfolg“ zurück zu kommen und zu versuchen, ihn noch einmal zum Leben zu erwecken (man könnte auch „zu melken“ sagen). Schließlich ist das „Butterbrot“ ja 2009 in den Josefstädter Kammerspielen auch wieder einigermaßen (wenn auch nicht mehr so wie anno dazumal) belacht worden.
Versuchen wir es halt auf Englisch – das „Butterbrot“, das rachsüchtige Ehefrauen ihren betuchten Männern bei der Scheidung lassen, heißt da durchaus richtig „Chickenshit“, aber sonst klingt die „English Version by Alan Goodson and Jerry Marwig“ nicht ganz so gut, was erstaunt. Denn Englisch ist im Vergleich zu Deutsch eigentlich die elastischere Sprache, die wunderbar knapp pointieren kann – aber so lustig findet man es gar nicht mehr. Obwohl die Männerschmerzen, die Barylli einst beschworen hat, sicher gut zu den Psycho-Beziehungskrämpfen von New Yorker Yuppies passen. Die allerdings ihre ursprünglichen Namen behalten haben – na ja, Kowalsky, Sterneck, Steiner, die Amerikaner sind ja Multi-Kulti…
Also, da leben Stefan, der Schauspieler, der ein Stück schreibt (es heißt, wie anders, „Butterbrot“ recte „Chickenshit“), und Martin, der Innenarchitekt, beide schwer beziehungsgeschädigt, in einer absolut heterosexuellen Männerkommune, fest entschlossen, sich nie wieder auf ernsthafte Beziehungen zu Frauen einzulassen. Peter, der an seinem Geburtstag, frisch getrennt von der Gattin, zu ihnen stößt, ist ein Aspirant auf den offenbar zur Verfügung stehenden dritten Wohnraum. Kaum ist er drei Monate später geschieden, gesteht Martin, dass er heiraten will… Großes Gejaule unter den Herren der Schöpfung, die doch den ganzen Theaterabend nichts anderes getan haben, als die Unmöglichkeit der Frauen und die Unmöglichkeit, mit ihnen auszukommen, zu besprechen, zu beklagen, zu befestigen.
Und doch, wie Gabriel Barylli (derzeit, wenn man den Überblick nicht verloren hat, zum fünften Mal verheiratet) weiß: Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht… Und obzwar er nicht ganz ein Woody Allen ist, kann er die alte Geschichte immer noch ganz gut verkaufen. In Vienna’s English Theatre ist er nicht selbst auf der Bühne, hat aber als Regisseur gewirkt – ähnlich wie vor fünf Jahren in den Kammerspielen, mit einem Übermaß an Musik. Rossini, Mozart, und „Che sera, sera“ hört man wirklich oft. Na ja, ist ja auch lebensweise bis zum Exzess, weil niemand widersprechen kann: „Whatever will be, will be / The future’s not ours to see / What will be, will be“. Man kann es nicht besser ausdrücken.
Die Wiener „World Premiere of the English Version of BUTTERBROT”, die danach, wie man hört, nach New York übersiedeln wird, hat als Besetzungs-Stern Alfons Haider zu bieten, der das Stück offenbar mag. In den Kammerspielen hat er allerdings den verliebten Martin gespielt, hier ist er der entliebte Peter (einst, bei der Uraufführung, der unvergessene Toni Böhm), der ganz schön herumtoben darf in Zorn und Verzweiflung. Und das noch dazu auf Englisch: Um zu beweisen, wie gut er es kann, knödelt er stellenweise bis zur Unverständlichkeit. Das mag ja realistisch wirken, ist für das Publikum nicht ganz so gut – das versteht gerne alles. Aber es wäre unfair, eine solche Leistung gering zu schätzen – diese Textmengen in einer fremden Sprache zu bewältigen und nebenbei die Rolle auch noch zu spielen.
Da haben es die beiden anderen Herren leichter. Howard Nightingall als Stefan (die Rolle, die Barylli einst in der Drachengasse kreierte) sieht wie Barylli heute aus, mit Bart und sympathischem Auftreten, nachdrücklich in seine Problematik (wie komme ich als Autor und Schauspieler mit meinem Beruf und dem Publikum zurecht) vertieft.
Dass Dave Moskin als Martin den Vogel abschießt (Haider war in dieser Rolle in den Kammerspielen gar nicht so wirkungsvoll), beweist wieder einmal (no na), wie viel bei Schauspielertheater an den Interpreten liegt – der liebenswerte Glatzkopf, der es allen recht machen will, anfangs vergleichsweise kaum ein Schicksal hat, dann von der Liebe hinweggefegt und hinweggetragen wird und zum Star der Geschichte mutiert, der erobert das Publikum im Sturm.
Dass Barylli in Wien seinen alten Erfolg auch auf Englisch wiederholen kann, bezweifelt man nicht. Für New York wünscht man ihm dann viel Woody-Allen-Publikum – und bis dahin wird sich die Produktion nach ein paar Wochen auch schon so eingespielt haben, dass die Pointen leichter durch die Luft fliegen.
Renate Wagner