Ab 23. August 2013 in den österreichischen Kinos
MAGNIFICA PRESENZA
Italien / 2012
Regie: Ferzan Ozpetek
Mit: Elio Germano, Paola Minaccioni u.a.
Nach einiger Zeit fühlt man sich wie bei Eduardo de Filippo, wenn dieser „Questi fantasmi“ beschwört, auf deutschen Bühnen gern mit „Gespenster, Gespenster!“ übersetzt. Tatsächlich findet Pietro, der junge Sizilianer, der sich in einem römischen Palazzo eingemietet hat (die Vermieterin schien sehr froh darüber, jemanden zu finden, der in die alten Mauern einziehen will), hier Gespenster vor. Aber Ferzan Ozpetek, der türkische Italiener mit dem großen Ruf als Regisseur, hat keinen Horrorfilm gedreht. Aber bei weitem auch mehr als nur eine Komödie…
Gewiss, die Ausgangssituation ist nur vergnüglich: Pietro (anbetungswürdig verkörpert von Elio Germano, so hübsch, so naiv, so menschlich liebenswert) kommt von Sizilien nach Rom. Er möchte gerne Schauspieler werden, aber seine diesbezüglichen Versuche zeigen: Das wird wohl nichts. Er verdient sein Geld vorläufig als Bäcker und Konditor (umgeben von verständnislosen Asiaten). In verwandtschaftlicher Verbundenheit hängt sich ihm eine schrille Cousine an den Hals (Paola Minaccioni, halb unerträglich, halb rührend), die sogar mit ihm in den Palazzo einzieht – bis er sie hinauswirft. Er fühlt sich beengt. Aber das wird in Kürze schlimmer – denn auf einmal sind in seiner Wohnung Menschen (gespielt von einer Handvoll großartiger, hierzulande unbekannter Darsteller). Sie sind gar nicht so wenige. Altmodisch gekleidet. Und sie kommunizieren mit ihm…
Es gab sie wirklich, sie waren eine Theatertruppe, und sie sind in einem Versteck des Hauses vermutlich tragisch verendet, damals, als sie sich im Dritten Reich vor ihren Häschern versteckt haben. Sie wissen nur noch nicht, dass sie tot sind. Während Pietro einerseits lernt, diese Geschöpfe zu akzeptieren (die ihm köstlich Teile ihrer einstigen mondänen Tanzszenen vorspielen!) und ihrem tragischen Geschick nachspürt (eine Geschichte von Verrat, für den es noch eine Augenzeugin / Täterin gibt), befreien sich die Toten langsam aus ihrem „Gefängnis“ im Palazzo… Eine irreale, aber umso berührendere Geschichte. Unaufgearbeitete Schicksale von einst, die, sagt uns der Regisseur ganz richtig, ihre Erlösung erst durch die Anteilnahme und Erkenntnisse der Nachwelt finden.
Ferzan Ozpetek, dessen „Männer al Dente“ man noch bestens in Erinnerung hat, wird immer einen schwulen Helden in den Mittelpunkt seiner Filme stellen. Auch Pietro ist ein solcher, und die Szene, wo er einen Geliebten erwartet, den er mit seinen Anrufen verfolgt hat, nur damit ihm dieser sagt, er solle ihn gefälligst in Ruhe lassen – das würgt dem Betrachter das Herz ab. Aber wie immer ist Ozpetek besonders meisterhaft darin, diese Homosexualität dennoch nicht als Außenseiter-Position, sondern als absolute, selbstverständliche Normalität erscheinen zu lassen. Ein Weg, den Teile der Gesellschaft noch gehen müssen.
Die „Magnifica presenza“ dieser Geister der Vergangenheit, die sich so souverän und schön mit der Gegenwart vermengen, ergibt einen außerordentlichen Film voll Poesie – und unaufdringlicher politischer Aussage. Nicht versäumen.
Renate Wagner