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VERONA/Arena: GALA PLACIDO DOMINGO & DANIEL HARDING / NABUCCO

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Arena di Verona: 15.08.2013 Gala Domingo-Harding

 Das Festkonzert anlässlich der beiden Jahresregenten und des 100-Jahr-Jubiläum der Arena-Opernfestspiele war ein erfreulicher Höhepunkt des heurigen Festspielsommers. Altmeister Placido Domingo, dessen Terminplan nach wie vor umfangreich wie eh und je ist (zwei Tage nach der letzten Vorstellung in Salzburg war er schon in Verona aktiv), begeisterte mit unverminderter Stimmschönheit die Massen. Zwei Wagner Arien (Parsifal und Walküre) führten ihn zurück in die Tenor-Vergangenheit, und die beiden großen Szenen aus Simon Boccanegra bewiesen die Vielseitigkeit des Sängers. Mit welcher Leidenschaft er am Werk ist und wie kraftvoll er nach wie vor singt, mit welcher Ausdruckskraft und Stil, das ist nach wie vor unerreicht. Ihm zur Seite standen einige ganz hervorragende Kollegen, die den Abend zu einem besonderen Erlebnis machten: Violeta Urmana, wieder als Mezzo, sang „O Don Fatale“ aus Don Carlos mit mächtiger Stimme, da blieb kein Wunsch offen. Nicht ganz ihre Domäne war die Arie der Sieglinde aus Walküre (Der Männer Sippe“), dennoch ein Beweis ihrer Vielseitigkeit. Francesco Meli war der Macduff und Gabriele Adorno, ein Sänger mit viel Italianita und einer ansprechenden Höhe. Susanna Branchini sang die Elisabetta aus Don Carlos und die Amelia Grimaldi aus Simon Boccanegra mit etwas schriller Stimme, für die Arena besitzt sie jedenfalls ausreichendes Volumen. Evelyn Herlitzius war mit je einer Arie aus Tannhäuser und Götterdämmerung eine würdige Vertreterin des deutschen Faches, sie konnte wie gewohnt mit viel Kraft und Ausdrucksstärke großen Eindruck hinterlassen. Besonders gespannt war man auf Vitalij Kowalijow sein, der schon in München sensationell gesungen hatte. Er bestätigte den hervorragenden Eindruck im großen Oval der Arena. Sein Fiesco war fabelhaft und den Wotan („Leb wohl“) sang er ebenfalls bestechend.

Ein Abend dieser Art erfordert einen vielseitigen Dirigenten, der das Orchester durch das Wechselspiel der Musikstile führen kann, der war mit Daniel Harding gegeben. Unter seiner kundigen Leitung spielte das Orchester auch den ungewohnten Wagner sehr aufmerksam und konzentriert. Besonders muss man natürlich den Chor erwähnen, der hier wieder sensationellen Wohlklang und mächtige Ausdruckskraft zeigte. Ein Fest der Stimmen und ein fest der beiden Komponisten wurden vom Publikum ausführlichst gewürdigt. Eine Notiz zur Organisation: Der Versuch, das Festkonzert mit dem Besuch einer weiteren Opernvorstellung zu koppeln, ist schiefgegangen. Die hohen Preise schrecken Operntouristen ab, da wird man wohl etwas bescheidener werden müssen, um nicht allzu viele Kunden zu verlieren.

 18.08.2013 „NABUCCO“

 Ein weiteres Highlight der Festspiele war die Produktion von Regisseur Rinaldo Olivieri. Ein klassisches Bühnenbild, das trotz der bekannt begrenzten Möglichkeiten für Umbauten einen sehr passenden Hintergrund für Verdis Drama bot. Prächtige Kostüme, eine routinierte Raumaufteilung für die unzähligen Choristen und Statisten boten dem Auge des Betrachters sehr viel Schönes. Musikalisch wurde man bestens versorgt, zum einen mit der Mitwirkung Placido Domingos in der Titelrolle, zum anderen mit hervorragenden Kräften, die man sehr sorgfältig für dieses Spektakel ausgesucht hatte. Domingo hatte auch in dieser Rolle alle Trümpfe in der Hand, seine Spielfreude und seine Gestaltungskraft vereinten sich wieder mit hoher Musikalität. Besonders in seiner großen Arie im letzten Akt konnte man seine unverändert kraftvolle und schöne Stimme bewundern. Ihm am nächsten kam Raymond Aceto als Zaccharia, ein hierzulande kaum bekannter Bass der Sonderklasse. Seine Stimme klingt in allen Regionen prachtvoll, das Volumen reicht mühelos aus, um auch die letzten Plätze der großen Arena zu erreichen. Amarilli Nizza sang die Abigail mit großem Einsatz, sie war um eine differenzierte Gestaltung dieser schwierigen Rolle bemüht, was ihr großteils auch gelang. In der Höhe glasklar und sicher, in der Mittellage etwas weniger durchschlagskräftig, war sie ein weiterer Pluspunkt des Abends. Sehr gut konnten auch Geraldine Chauvet als Fenena und Giorgio Berrugi als Ismaele gefallen. Beide Rollen leiden gewöhnlich unter Missachtung der Intendanten und werden gelegentlich mit mittelmäßigen Kräften besetzt, hier lobenwerterweise mit sehr guten.

Fabelhaft war das Orchester unter Julian Kovatchev am Werk, nach anfänglichen Abstimmungsproblemen zwischen Orchester und Bühne konnten die Musiker zu großer Form finden und den musikalischen Rahmen festlich schmücken. Den Chor nicht zu erwähnen, wäre fahrlässig, selbstverständlich musste der Gefangenenchor wiederholt werden, selbstverständlich zurecht, denn so berührend wird dieses eigentlich „abgedroschene“ Musikstück nirgends dargeboten. Mit dieser Qualität muss Open Air – Oper geboten werden, dann sind auch hohe Preise zu rechtfertigen. Wo sonst, wenn nicht hier gelingt der Beweis dafür?

 Johannes Marksteiner

 

 

 

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