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PRAG PRANGT IM GÜLDENEN HERBSTLICHT

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Prag prangt im güldenen Herbstlicht, 10.10.2014

von Ursula Wiegand

 

Moldau mit Prager Burg und dem Veitsdom
Moldau mit Prager Burg und Veitsdom. Foto: Ursula Wiegand

Prag gilt als eine der schönsten Städte Europas und wird auch gerne die „goldene Stadt“ genannt. Die Herbstsonne rechtfertigt dieses Kompliment und hüllt sie in ein Glitzergewand. Die Bauten leuchten, die Moldau schimmert. Glanzvoll thront die Prager Burg mit dem Veitsdom auf dem Hradschin.  

Restaurant Kampa Park an der Moldau
Restaurant Kampa Park an der Moldau. Foto: Ursula Wiegand

Es ist Sonnenbrillenwetter, bestens geeignet zum Schauen und Schlendern durch diese mehr als tausendjährige Metropole und auch zum Kaffeetrinken am Flussufer.

Altstädter Ring mit Palais Goltz-Kinsky
Altstädter Ring mit Palais Goltz-Kinsky. Foto: Ursula Wiegand

Das Herz der Altstadt (Staré Mĕsto) – seit 1992 ein UNESCO-Weltkulturerbe – ist der Altstädter Ring mit seinen fein restaurierten Palais und Patrizierhäusern. Mehrstöckige  Renaissance-, Barock- und Rokoko-Beautys, erbaut auf weit älteren Fundamenten, in  fröhlich-farbenfrohem Miteinander.

Teynkirche, 1365-1511, am Altstädter Ring, 7
Teynkirche, 1365-1511, am Altstädter Ring. Foto: Ursula Wiegand

Die gotische Teynkirche (Bauzeit 1365-1511) mit ihren pittoresken Türmen überragt sie alle und prägt den weiten Platz ebenso wie die Nikolauskirche, ein Barockjuwel, errichtet 1737 von Kilian Ignaz Dientzenhofer, einer der berühmtesten Söhne aus dieser ursprünglich oberbayerischen Baumeisterfamilie, der sein Leben in Prag verbrachte. 

Jan Hus-Denkmal auf dem Altstädter Ring
Jan Hus-Denkmal auf dem Altstädter Ring. Foto: Ursula Wiegand

Während einige Menschen rund ums Jan-Hus-Denkmal sitzen, eilen andere fast achtlos am kleinen roten Rathaus von 1338 vorbei. Ziel ist die Astronomische Uhr am hohen gotischen Rathausturm, ein wissenschaftlich-handwerkliches Wunderwerk von 1410. Dicht bei dicht stehen alle zur vollen Stunde, wenn die Apostel aus den Türchen treten. 

Astronomische Uhr von 1410 am Rathausturm
Astronomische Uhr von 1410 am Rathausturm. Foto: Ursula Wiegand 

Karl IV (1316-1378) wusste zuvor schon, was die Glocke geschlagen hatte. Tatkräftig und weitblickend ließ er  – seit 1347 König von Böhmen und ab 1355 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation – die Stadt großzügig um- und ausbauen und verwandelte sie zur maßgebende Metropole Europas. Die breiten Straßen in der Neustadt  (Nové Mĕsto) beweisen noch heute Karls zukunftsorientierte Stadtplanung.

Kommen und Gehen auf der Karlsbrücke
Kommen und Gehen auf der Karlsbrücke. Foto: Ursula Wiegand

Auch ließ er eine Steinbrücke über die Moldau schlagen, die weltbekannte Karlsbrücke, die aber erst seit etwa 1870 seinen Namen trägt. Am 9. Juli 1357 um genau 5:31 Uhr legte der Kaiser, den Berechnungen seiner Astrologen folgend, den Grundstein. Dass diese 516 m lange und rd. 9,50 m breite Steinbrücke alle widrigen Ereignisse glücklich überstand, ist wohl weniger den Sterndeutern als dem jungen tüchtigen Baumeister Peter Parler aus Schwäbisch-Gmünd zu verdanken. Der stellte sie auf 15 solide Pfeiler, und die trotzten sogar dem Hochwasser von 2002. 

Karlsbrücke, Madonna mit Jesuskind und Hl. Bernhard
Karlsbrücke, Madonna mit Jesuskind und Hl. Bernhard. Foto: Ursula Wiegand

Von morgens bis abends herrscht auf der Karlsbrücke ein ständiges Kommen und Gehen. Es wird musiziert und gemalt, geguckt und gefeilscht. Auch Taschendiebe sind unterwegs. Gelassen schauen die barocken Heiligenfiguren auf das Gewimmel, freundlich lächelt die Maria mit dem Jesuskind und St. Bernhard.

Karlsbrücke, St. Nepomuk vergrämt
Karlsbrücke, St. Nepomuk vergrämt. Foto: Ursula Wiegand

Nur St. Nepomuk blickt gequält, ließ ihn doch König Wenzel IV grausam foltern und den Halbtoten am 20. März 1393 in dunkler Nacht in die Moldau werfen. Der Legende zufolge  wollte Nepomuk das Beichtgeheimnis von Wenzels Gattin nicht lüften. Sein Leichnam wurde gefunden und ruht im Veitsdom droben auf der Burg.

Auch diese, 928 erstmals erwähnte Festung ließ Karl IV deutlich erweitern, wohnlich umgestalten und gründete dort oben im Jahr 1348 auch die erste Universität nördlich der Alpen. Einige seiner Nachfolger waren ebenfalls baufreudig, und so ist diese Burganlage noch immer die weltgrößte überhaupt. Wo früher die Könige und Kaiser Hof hielten, residiert nun der tschechische Staatspräsident. Die zackige Wachablösung zu jeder Tagesstunde ist ein Besucher-Hit.

Veitsdom, Südseite, Ausschnitt
Veitsdom, Südseite, Ausschnitt. Foto: Ursula Wiegand

Auf alle Fälle braucht die Burgerkundung Zeit, nicht nur für den Alten Königspalast mit dem Wladislaw-Saal. Allein der Veitsdom – 124 m lang, 60 m breit, drinnen 33 m hoch – verdient gebührende Aufmerksamkeit, vor allem die prächtige, goldglänzende Wenzelskapelle, die das Grab des Hl. Wenzel (Vaclav) enthält. Dieser gute Herrscher (928-935) ist Tschechiens Schutzpatron.

Wenzelskapelle prachtvoll ausgestaltet
Wenzelskapelle prachtvoll ausgestaltet. Foto: Ursula Wiegand

Übrigens trägt auch der Veitsdom Peter Parlers Handschrift. Was Matthias von Arras aus Avignon 1344 begann, setzte Parler als Dombaumeister mehr als 40 Jahre lang fort. Das  Gotteshaus wurde zur königlich-kaiserlichen Krönungs- und Begräbniskirche, war aber – nach mehreren Unterbrechungen – erst 1929 endgültig fertig. Die Stilwechsel während der langen Bauzeit lassen sich am Dom ablesen, mindern aber nicht den großartigen Gesamteindruck. 

Wenzelsplatz mit dem Nationalmuseum
Wenzelsplatz mit Nationalmuseum. Foto: Ursula Wiegand

Auf ganz andere Weise bietet diesen Eindruck auch der Wenzelsplatz in der Neustadt. Was heißt hier Platz? Es ist ein 750 m langer und 60 m breiter Boulevard, gesäumt von stattlichen Bauten mit Restaurants und Cafés. Den Schönheitspreis gewinnen die beiden Jugendstil-Nobelherbergen, das Grand Hotel Europa und das direkt anschließende Meran Hotel.

Grand Hotel Europa und Meran Hotel
Grand Hotel Europa und Meran Hotel. Foto: Ursula Wiegand

Auf dem Wenzelsplatz, dem heutigen Herzen der Stadt, ist immer Betrieb. Er gehört den Pragern ebenso wie den Besuchern aus aller Welt. Hier, bei St. Wenzel hoch zu Ross, hat sich 1969 der Student Jan Palach aus Protest gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes verbrannt.

Die Wende in der Tschechischen Republik
Die Wende in der Tschechischen Republik. Foto: Ursula Wiegand

1989 protestierten dort die Massen gegen die kommunistische Regierung. Vaclav Havel, damals noch Künstler, forderte Freiheit fürs ganze Land. Der entscheidende Tag dieser  „Samtenen Revolution“ war der 17. November. Eine Gedenktafel an der Straße Narodni trida erinnert daran.

Topic-Verlagshaus, 1905, von Oswald Polivka
Topic-Verlagshaus, 1905, von Oswald Polivka. Foto: Ursula Wiegand

Diese Straße führt – vorbei am Jugendstilhaus des früheren Topic-Verlags – zur Moldau. In südlicher Richtung, an der nächsten Brücke (Jiraskuv most), fällt ein ungewöhnliches Eckgebäude auf: „das tanzende Haus“, konzipiert von Stararchitekt Frank O. Gehry.

Frank O. Gehrys Tanzendes Haus, 1996
Frank O. Gehrys Tanzendes Haus, 1996. Foto: Ursula Wiegand

Ginger und Fred lautet der Spitzname. Gemeint sind die beiden Tänzer und Filmstars Ginger Rogers und Fred Astaire. Keine Frage, welche die Dame mit dem fliegenden Rock ist.

Ballett live („Rodin“ von Eifman) sowie Salome, Aida, Turandot, Nabucco, Carmen, La Traviata, Der Barbier von Sevilla und Rusalka bietet die Staatsoper, nach den Fotos zu urteilen in konservativen Inszenierungen und entsprechenden Kostümen.

Staatsoper, 1888, Fellner und Helmer
Staatsoper, 1888, von Fellner und Helmer. Foto: Ursula Wiegand

Der neoklassische Bau (das frühere Neue Deutsche Theater) in der Neustadt nahe dem Hauptbahnhof wurde vom Wiener Architektenduo Fellner & Helmer geplant und am 5.1.1888 mit Wagners Meistersingern eröffnet. Preise: 180-1.290 Kronen (z. Zt. etwa 7 – 50 Euro). – Im 1783 erbauten Ständetheater, wo 1787 Mozart selbst die Uraufführung seines „Don Giovanni“ dirigierte, gibt’s momentan nur ein Mozart-Medley.

Nationaltheater- Anbau Neue Szene, 1983, Karel Prager
Nationaltheater-Anbau Neue Szene, 1983, von Karel Prager. Foto: Ursula Wiegand

Unterhaltsamer ist es vermutlich in der „Laterna magica“, dieser genialen Mischung aus Zirkus, Trickfilm, Licht und Musik. Auch die Prager lieben diese Show, nur ihr Domizil, die Neue Szene, war lange umstritten. Gemeint ist der von Karel Prager (1923-2001) konzipierte Glasanbau an das historisch-pompöse Nationaltheater. Doch auch aus dieser durchaus gekonnten modernen Zutat macht die Sonne ein Beispiel für Prag, die goldene Stadt.

Auch weltbekannte Stars kommen offenbar gerne in die attraktive Moldau-Metropole. José Carreras und die Violin-Virtuosin Vanessa Mae geben am 11. November ein Doppelkonzert in der dortigen O2 Arena, Cecilia Bartoli singt am 24. 11. im Rudolfinum, und noch bis zum 30. November laufen die „Malá Strana Chamber Festivities“ (Kammermusik) im Wallenstein Palast.

Generelle Infos, auch für Prag, auf Deutsch unter www.czechtourism.com, für Prag alleine auf Englisch unter www.prague.eu/en

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