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WIEN / Theater im Zentrum: DIE DREI MUSKETIERE

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Drei Musketiere x x 
Die drei Musketiere sind immer vier… Fotos: Theater der Jugend / Rita Newman

WIEN / Theater der Jugend im Theater im Zentrum:
DIE DREI MUSKETIERE von Alexandre Dumas
in der Bühnenfassung von Shaun Prendergast
Premiere: 14. Oktober 2014,
besucht wurde eine Voraufführung 

Die amerikanische Antwort auf die Frage: „Kennst Du ‚Anna Karenina’?“ würde lauten: „No, but I know the movie.“ Wiener Jugendliche, denen Alexandre Dumas später einmal unterkommt, werden sich vielleicht erinnern: „Die Drei Musketiere, ja, die habe ich damals im Theater der Jugend gesehen.“ Obwohl der Nachhilfeunterricht gerade im Fall dieses überpopulären Romans nicht so dringlich scheint, gab es doch vor wenigen Jahren erst wieder eine Verfilmung (mit Christoph Waltz als Kardinal Richelieu, der zweite Teil des Streifens steht sogar noch aus, wenn man sich recht erinnert…).

Wie dem auch sei: eine klassische Story um Intrige und Liebe und zum Finale eine Menge Tod und Sentimentalität, vor allem aber über Männer-Kameraderie: Wenn am Ende „Einer für alle und alle für einen!“ geschmettert wird, haben die „Drei Musketiere“, die ja immer eigentlich vier sind (lächerlich, D’Artagnan nicht zu ihnen zu zählen), wieder ihre Wirkung getan.

Michael Schachermaier inszeniert das Mantel-und-Degen-Stück ohne Rücksicht auf Verluste, rasant die knapp zwei Stunden durchpolternd, da wird zu Beginn und am Ende heftig gefochten, dazwischen rasen alle zumindest über die Bühne oder setzen auch, wenn sie jung genug sind wie Hauptdarsteller Stefan Rosenthal, zu einigen heftigen Sprüngen über die praktischen Kulissenteile an (Bühne Judith Leikauf und Karl Fehringer, dazu die passenden 17. Jahrhundert- Kostüme von Stephan Dietrich).

Stefan Rosenthal ist sehr überzeugend als das wilde Bürschchen vom Land, das es allen zeigen will, und in Simon Jaritz (Athos),   Frank Engelhardt (Porthos) und Uwe Achilles  (Aramis) findet er drei amüsierte, souveräne Mitspieler, die ihre Figuren ausreichend differenzieren.

Theater der Jugend / Die drei Musketiere (Theater im Zentrum) 
Lady De Winter verführt D’Artagnan….

Fast alle außer D’Artagnan müssen mehrere Rollen übernehmen, wobei besonders überzeugend gelingt, wie sich Stephanie K. Schreiter von einer durchaus anmutigen Königin Anna in eine Lady De Winter verwandelt, die nicht nur Blondheit, sondern auch sinnliche Süffisanz von Lana Turner (vor vielen Jahrzehnten einmal im Kino…) gelernt zu haben scheint.

Bernhard Majcen intrigiert als Kardinal Richelieu, wie es im Büchl steht, André Haedicke ist ein dümmlicher König Ludwig XIII. (aus dem wäre nie ein Sonnenkönig geworden), für Herz/Schmerz sorgt, zumal sie auf der Bühne stirbt, Nikola Rudle, und Horst Eder, Christian Strasser und, man möchte sagen: „und andere“ ergänzen, aber die anderen sind die sonstigen Hauptdarsteller, die unermüdlich in Nebenrollen schlüpfen. Auf diese Art ersetzt das Theater der Jugend die klassische Provinz, wo jeder Schauspieler auch „alles“ machen muss (inklusive die Versatzteile umbauen).

Es gibt keine Angaben über die Musik, die bei jeder Gelegenheit so gewaltig aufrauscht, dass man den Verdacht nicht loswird, dass da irgendwo eine komplette Filmmusik geklaut wurde. Aber wenn man nicht weiß, woher, ist es wohl tantiemenfrei…

Das jugendliche Publikum „ab 11“, für das diese Produktion vorgesehen ist, ging interessiert mit, ist aber schon alt genug, um leicht höhnisch zu lachen, wenn in den Umbaupausen die Leichen aufstehen und weggehen. Da sind sie von ihren Computerspielen offenbar Besseres gewöhnt. Dafür ist Theater live, und das wird in alle Ewigkeit sein unschlagbarer Vorteil sein und bleiben.

Renate Wagner  

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