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BERLIN/ Deutsche Oper: CARMEN mit Roberto Alagna

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Foto: Deutsche Oper Berlin/Bettina Stöß

Foto: Deutsche Oper Berlin/Bettina Stöß

 

Berlin/Deutsche Oper: „CARMEN“ mit Roberto Alagna, 2.12.2014

 Seit einigen Tagen ist das Werk vollbracht. Die neue Obermaschinerie tut ihre Dienste, und die Deutsche Oper Berlin, akustisch ohnehin der Spitzenreiter unter den hiesigen Musiktheatern, kann wieder internationale Stars ins eigene Haus einladen. Beispielsweise Roberto Alagna, der 2018 in Bayreuth den Lohengrin verkörpern soll.

Wie 2010 singt er hier erneut den Don José in Bizets„Carmen“, in der betagten Inszenierung von Peter Beauvais (von 1979), seinerzeit überarbeitet von Søren Schumacher. Die Ausstattung wurde schon damals von Norbert Bellen etwas modernisiert, doch insgesamt zeigt uns die Bühne ein Sevilla von vorgestern in historischen Kostümen.

Die eigentlichen Konflikte sind jedoch weiterhin aktuell: Liebe und Verlangen auf den ersten Blick (wenn nicht alle nur aufs Smartphone starren), das Erkalten der Gefühle, gefolgt von Eifersucht und Mord.

Diesmal hat Alagna jedoch nicht die Lettin Elina Garanča (2010 noch eine Einspringerin!) als Partnerin, sondern die Französin Clémentine Margaine, eine Mezzo-Sopranistin mit deutlich ansteigender Karriere. Von 2011-13 war sie Ensemblemitglied der Deutschen Oper Berlin, inzwischen geht sie eigene Wege und ist international gut im Geschäft. Eine junge Frau mit großartiger Stimme, gepaart mit Beweglichkeit und schauspielerischem Talent.

Die ist auch eine, die als Zigeunerin ihre Arien auf dem Tisch singen kann. Ihr „Tra la, la, la“ knistert vor Erotik, und die Habanera „Ja, die Liebe hat bunte Flügel, solch einen Vogel zähmt man schwer…“, muss – begleitet von Körperdrehungen – selbst einen zunächst Uninteressierten aus dem Gleichgewicht bringen. Eine Frau, die jedoch mehr auf Freiheit als auf dauerhafte Liebe fixiert ist, die später beim Kartenlegen mit bewusst fahlem Klang das Wort „Tod“ ausstößt.

Bekanntlich kann ihr Don José nicht lange widerstehen, trotz des Kusses von Micaëla, den sie (angeblich) von der Mutter überbringt. Diese Rolle ist mit Elena Tsallagova, seit 2013/14 Ensemblemitglied des Hauses, ideal besetzt. Eine junge aparte Sängerin mit lyrisch-leuchtendem Sopran, eine glaubhaft Tapfere, die sich in die wilden Berge traut, um ihren geliebten Don José doch noch für sich und das normale Leben zu retten. Die Herzen des Publikums erobert sie sofort.

Ein Eigengewächs des Hauses ist auch der erst 27-jährige Marko Mimica, der laufend eingesetzt wird. Figürlich ein passender Escamillo mit einem kräftigen, tiefentauglichen Bariton, der mehr und mehr an Rundung gewinnt.

Zum gesanglichen und darstellerischen Intensiv-Erlebnis weitet sich in der Schlussphase auch diesmal das Verhältnis von Clémentine Margaine und Roberto Alagna. Ihr Trotz und seine Wut, sein Ringen um die Neinsagerin, sein Betteln zu ihren Füßen, seine heißen vergeblichen Liebesschwüre und schließlich die wie von Sinnen ausgeführte Messerattacke. Zum Mitzittern trotz aller Bekanntheit und vom Orchester der Deutschen Oper unter Jacques Lacombe entsprechend dramatisch „illustriert“.

Zum Gelingen tragen auch die übrigen Sängerinnen und Sänger bei, so die beiden Stipendiatinnen Elbenita Kajtazi als Frasquita und Stephanie Lauricella als Mercédès. Die übrigen Männerrollen sind mit Simon Pauly, Tobias Kehrer, Paul Kaufmann, Jörg Schörner, Marke Picz und A Ram Youn adäquat besetzt. Ein großes Lob verdienen außerdem die Chöre, einstudiert von William Spaulding, und die munteren Kinderchöre unter Leitung von Christian Lindhorst.

Nach vielfachem Zwischenapplaus schließlich großer und anhaltender Jubel. Nur ein Buh-Rufer in der linken Ecke stemmt sich gegen die allgemeine Begeisterung. Ist Alagna unberechtigterweise die Zielscheibe? Es gibt halt immer solche „Besserwisser“ und „Wichtigtuer“.

Nochmals mit Roberto Alagna am 08. Dezember.                     

Ursula Wiegand

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