MET IM KINO: HOCHKARÄTIGE MEISTERSINGER (13.12.2014)
Die Besetzung ist selbst für fanatische Fans von Richard Wagner hochkarätig und der neue Hans Sachs der New Yorker MET – Michael Volle – wird zuletzt mit „standing ovations“ gefeiert. Seit Bernd Weikl und Wolfgang Brendel war kein „Schuster-Philosoph“ ähnlich souverän und vokal derart auf Belcanto-Linie. Großartig! Und auch James Levine wird bei jedem Aktbeginn bejubelt! Der musikalische „König der MET“ ist zurück und wie? Er agiert voll Enthusiasmus , hält die Architektur am Laufen und gibt dem Detail dennoch alle Chancen. Das Orchester der Metropolitan Opera wirkt jedenfalls total motiviert. Und ebenso der riesige Chor der MET .
Außerdem trägt die spätromantische, realistische Otto-Schenk-Inszenierung in einer besonders stimmungsvollen Ausstattung von Günther Schneider-Siemssen (Kostüme Rolf Langenfass) zum großen Erfolg dieser Vorstellung bei, in der auch noch Johan Botha als Stolzing, Annette Dasch als Evchen und Johannes Martin Kränzle als Beckmesser reüssieren. Das ist kein Beispiel einer heute so beliebten Werk-Zertrümmerung – aber die Postkarten-Idylle (besonders gelungen die Festwiese) ermöglicht eine literarische Intensität, die moderne Deutungen nur selten zulassen. Die Bühnenbilder (aus Wien) werden jedenfalls mehrfach beklatscht. Mit Recht! Zurück zur Besetzung: Michael Volle singt sei 3 Jahren den Sachs. Der deutsche Bariton wirkt souverän – als könnte er sich die Mamut-Rolle entsprechend einteilen. Er ist ein Sachs mit Sympathie und Erotik. Die Beziehung zu Eva habe ich noch selten so intensiv erlebt. Sein Wahn-Monolog geht unter die Haut! Annette Dasch ist ein wunderbares Evchen. Voll Lyrik aber auch mit den nötigen Stimm-Ausbrüchen (O Sachs mein Freund). Johan Botha ist vokal ein idealer Stolzing. Die Höhe strahlt und ermüdet nie. Sein Atem ist schier unermesslich. An seine drollig-mollige Optik muss man sich einmal mehr gewöhnen. Aber insgesamt: ein Stolzing der Extra-Klasse! Johannes Martin Kränzle ist ein fabelhafter Beckmesser. Kein verklemmter, hässlicher Zyniker. – ein Gegenspieler zu Sachs, etwas eitel und selbstverliebt, aber hochintelligent. Der US-Tenor Paul Appleby war ein liebenswerter junger David, der leider in seiner großen Szene einen kleinen Schwächeanfall samt „Frosch“ überspielte. Immerhin – ein beachtliches Rollendebüt. Bleiben noch zu erwähnen: Karen Cargill als schönstimmige aber optisch allzu matronenhafte Magdalene; Martin Gantner als kauziger „Protokoll-Chef“ Kothner, Hans Peter König als solider Pogner und Matthew Rose als geheimnisvoller junger Nachtwächter. Ein hochkarätiger Abend der Extraklasse – auch wenn er tatsächlich bis Mitternacht dauerte.
Peter Dusek