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WIEN/ Staatsoper: ARABELLA am 13.12.2014

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WIENER STAATSOPER: 13.12.2014 – ARABELLA


Anne Schwanewilms. Foto: Michael Pöhn/ Wiener Staatsoper

 Es erfordert ein beträchtliches Maß an Besessenheit, wenn man sich an einem Samstag im Advent mit dem Auto (gezwungenermaßen) zur Wiener Staatsoper durchkämpft. Scheinbar sind alle europäischen Reisebusse für den Besuch der Wiener Adventmärkte aufgeboten – hoffentlich lohnte es sich für den Handel, sodass unsere Unannehmlichkeiten wenigstens nicht ganz sinnlos waren. In Pausengesprächen hörten wir, dass allein im Galeriefoyer über fünfzig zu spät gekommene Gäste den ersten Akt auf dem Großbildschirm verfolgen mussten (konnten.

 Für die Unbillen wurden wir jedenfalls vom konzentriert und leidenschaftlich spielenden Staatsopernorchester unter der Leitung von Ulf Schirmer entschädigt. Es gab sicher schon Kapellmeister, die Arabella gefühlvoller und detailreicher gestalteten, das Ergebnis ist aber ein würdiger Abschluss des Strauss-Jahres in der Wiener Staatsoper.

 Die gesanglichen Eindrücke waren von erstaunlicher Unterschiedlichkeit und wir konnten uns an den Ensemblemitgliedern weit mehr erfreuen als an den internationalen Gästen. In der Titelrolle konnte Anne Schwanewilms an ihre hervorragende Leistung als Elisabeth im Tannhäuser (2011) nicht anschließen; sie war aber eine wunderschöne Arabella. Wie auch schon bei der ersten Vorstellung der Serie gelang nur selten eine befriedigende gesangliche Interpretation für diese wunderbare Frauengestalt, die – zwar auf eine andere Art – mit der Fürstin Feldmarschall durchaus auf eine Stufe zu stellen ist. Die tieferen Sequenzen waren nicht deutlich, die Höhen wurden nur mit Kraft bewältigt und klangen deshalb oft unpassend derb und schrill. Ähnlich unschön empfanden wir den Mandryka von Tomasz Konieczny – auch er wirkte in der Höhe derb; die besinnliche Erzählung über seine kurze Ehe wurde im Stil einer Kriegserklärung interpretiert und mit seinem gaumig/kehligen Timbre kann er uns in den „sympathischen Rollen“ einfach nicht gefallen. Beide konnten allerdings den Gesamteindruck durch überzeugende darstellerische Leistungen verbessern.

 Das „zweite Paar“  – Zdenka/Zdenko und Matteo waren bei den Ensemblemitgliedern Ileana Tonca und Herbert Lippert in besten Händen. Ileana Tonca hat durch ihre erfolgreiche stimmliche Weiterentwicklung keine Probleme in der Breite und singt immer noch mit mädchenhafter, glockenheller Stimme. Herbert Lippert ist für uns die Überraschung der Saison: Er reiht eine hervorragende Rollengestaltung an die andere – Peter Grimes, Bacchus, Siegmund und Fürst Golizyn in Chowanschtschina – und lieferte auch als verarmter Leutnant eine beeindruckende Studie. Draufgängertum, Verliebtheit und Betroffenheit wurde mit präsentem, heldischem Tenor und mit lyrischem Ausdruck dargestellt.

 Wolfgang Bankl ist ein bewährter Graf Waldner. Wie auch schon in der Premiere sang er den heruntergekommenen adeligen Spieler mit polternder, mächtiger Stimme und authentischem Ausdruck. Seine Gattin Adelaide wurde von Carole Wilson sehr gut gesungen und gespielt – ein echter Gewinn für das Ensemble.

 Eine Luxusbesetzung ist – wie immer – Daniela Fally als Fiakermilli. Sie schafft noch immer den Spagat – sowohl turnerisch als auch stimmlich – und hat, trotz vergrößerter Stimme noch die perlenden Koloraturen für den „Salonjodler“ drauf. Weitere verschwenderische Besetzungen stellten die – in dieser Inszenierung komlett verblödelten – gräflichen Bewerber um die interessierte Arabella, Norbert Ernst als Elemer, Gabriel Bermudez als Dominik und Clemens Unterreiner als Lamoral dar. Ulrike Helzel rundete mit einer guten Kartenaufschlägerin den ausgezeichneten Eindruck, den das Ensemble der Wiener Staatsoper hinterlassen hat, ab.

 So können wir, trotz der beschriebenen Einschränkungen, doch noch von einem guten Repertoireabend berichten, für den sich der Kampf durch das Verkehrsgewühl gelohnt hat. Der stürmische Applaus für alle Solisten war für uns nicht ganz nachvollziehbat – wir freuen uns aber für alle Besucher, die unsere Vorbehalte nicht teilen.

 Maria und Johann Jahnas

 

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