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WIEN/ Staatsoper: ARABELLA

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Wiener Staatsoper: ARABELLA 13.12.2014   2. Aufführung dieser Staffel

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Tomasz Konieczny. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn

 Wie viele Strauss-Abende hätte ich im Laufe der Jahre erleben können, wenn ich nicht immer auf eine  sehr gute Besetzung  aller wichtigen Partien Wert gelegt hätte. Diese Aufführung  besuchte ich in meiner Eigenschaft als gelegentlicher „Merker“-Mitarbeiter, ohne spezielle Besetzungswünsche. Gute zwei Jahre sind seit meiner letzten „Arabella“ vergangen, in der damals der musikalische Leiter durch die SängerInnen hindurchschaute, wie wir es beim Löwen im Tiergarten beobachten, wenn er sein Gesicht auf die Besucher richtet ohne sie eigentlich wahrzunehmen. Diesmal deckte der Generalmusikdirektor aus Leipzig UIf Schirmer die SängerInnen mit dem Orchester der Wiener Staatsoper nicht zu. So war es einfacher mit Mandryka, wenn er „das Mädel zur Frau haben will“, mit zu leben, mit zu fühlen, dass sich sogar meine Lippen bei ausdrucksstarken Stellen mit bewegten. Meine Sympathie hat Tomasz Konieczny. Der Künstler muss dagegen ankämpfen immer nur als Alberich gesehen und nur in dieser Rolle anerkannt zu werden. Zu hell soll sein Timbre sein. I c h höre eine dunkle Grundierung seines Bassbaritons. Er lotete auch die eine extreme Tiefe bei seinem Antrittsbesuch im ersten Akt aus. Kein Wunder, zeigte er doch auch als Göttervater schon mehr Wotanstiefe als einige seiner Kollegen. Sein häufig kritisiertes Deutsch stört weniger als der breite Wiener Dialekt anstelle eines Schönbrunner Deutsch beim Grafen Waldner. Anne Schwanewilms ist eine Strauss-Sängerin. Leider – um eine tontechnische Metapher zu verwenden – wirkt bei mit forte angegangen Höhen ihre Stimme „übersteuert“ und stört das Gesamtbild. Unmittelbar nach dem Schluss des dritten Aufzugs  können die beiden Jubel ernten. Der Synergismus kommt zum Tragen. Der Beifall für Arabella und Mandryka bei den Einzelvortritten fällt nicht mehr ganz so enthusiastisch aus. Bei Ileana Tonca spürte ich bei  kleineren Rollen ihren Ehrgeiz für größere Rollen aufzufallen. Jetzt bekommt sie ausreichend Gelegenheit ihren „Mann“ und schlussendlich ihre „Frau“ erfolgreich zu stellen. Die Rolle der Zdenka berührt mich immer wieder aufs Neue.

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Ileana Tonca (Zdenka). Foto; Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Die übrigen Mitwirkenden seien skizziert. Wolfgang Bankl kraftvoll, aber in seiner Art immer derselbe. Carole Wilson bringt keine interessante Alternative zu ihren Vorgängerinnen ein. Bei Herbert Lippert kann ich mir die schon über andre Sänger dieser Rolle gelesene, banale Bemerkung nicht ersparen, dass im dritten Akt die Höhen nicht voll zu Gebote stehen. Auch die nächste Frage ist nicht sehr originell: Wann wird Norbert Ernst den Matteo singen? Gabriel Bermúdez und Clemens Unterreiner stellen noble Verlierer dar. Daniela Fally erfreut als unsre Haus-Fiakermilli. Aufgefallen ist mir Ulrike Helzel als Kartenaufschlägerin.

 Wenn ich mich manchmal auf meinem Platz Galerie Seite nach vorn beugte, sah ich eine Inszenierung (Sven-Eric Bechtolf, Rolf und Marianne Glittenberg), die den Eindruck des wunderschönen Werks von Strauss-Hofmannsthal sehr grob ergänzt. Konieczny bräuchte eine persönliche Betreuung, damit Arabellas Faszination für den herzensguten Charakter, der jedoch für die Metropole Wien auch einen Kulturschock bedeutet, nicht nur durch das Mitlesen des Textes nachvollziehbar wird. Eine geschwungene Freitreppe in einer Hotelhalle ließe Zdenkas erlösendes Erscheinen und die Überreichung des Wasserglases mit  mehr Wirkung geschehen.

 Einen Tag später, bei einem Gang an der Staatsoper vorbei, fühlte ich mich froh den Abend vorher diese Aufführung miterlebt zu haben.  

Lothar Schweitzer

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