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ZÜRICH: DAS LIED VON DER ERDE – Mahlers sublimes Werk in faszinierender Interpretation

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Zürich: „DAS LIED VON DER ERDE2 14.12.2014 .

Mahlers sublimes Werk in faszinierender Interpretation

Die Kombination von Haydns Sinfonie „mit dem Paukenwirbel“ und Mahlers „Lied von der Erde“ ist sicher originell, aber nicht zwingend. Umso schöner, als man von der Philharmonia Zürich unter Leitung von Cornelius Meister eine saubere Wiedergabe von Haydns Sinfonie in Es-Dur op. 103 in der Konzertmuschel im Opernhaus erleben durfte. Die eh trockene Akustik wird durch die Akustikmuschel noch verstärkt, d.h. es klingt alles sehr deutlich und ohne Nachhall. Das bedeutet, dass jedes Detail im Orchestersiel hörbar ist. Wie heutzutage üblich, wurde mit gedrosseltem Vibrato gespielt, aber die ganze Sinfonie entwickelte wenig Charme und der leise Humor kam nahezu gar nicht zum Tragen. Cornelius Meister führte die Philharmonia Zürich sicher durch die für ein Opernorchester wohl eher etwas ungewohnte Partitur. Mit Konzentration spielten die Musikerinnen und Musiker; so geriet der Haydn wohl gut musiziert, aber leider auch wenig inspiriert.

Das änderte sich nach der Pause zum Positiven. Mit der klanglich üppigen Mahler-Partitur entwickelte die Philharmonia Zürich einen hinreissenden Klang und die Orchester-Balance war perfekt. Interessant, dass das Orchester in Streichquartett-Aufstellung spielte (1. Geigen links, 2. Geigen rechts gegenüber) und diese abgewendet, also mit dem Rücken zum Publikum, sassen. Hier war nun die Orchestermuschel optimal, denn der möglicherweise leicht verwischende Klang bleibt so auch in den kompaktesten Passagen durchhörbar. Cornelius Meister interpretiert das Werk weniger als Sinnbild des Endes und der Vergänglichkeit, sondern mehr als in allen Dissonanzen mit den Kämpfen des Individuums geschmiedetes Universum. Manchmal klang es sogar nach Schostakowitsch, so schneidend und transparent tönte es im Orchester. Der Dirigent baute das Werk mit seinen sechs Gesängen spannend auf und zielte in einer grossen Bogen-Form auf den Schluss-Satz „Abschied“ hin, der wahrlich zu einem beklemmenden Musikerlebnis wurde. Da war nun die hervorragende Mezzo-Sopranistin Elisabeth Kulman, die mit schlank geführter Stimme, reiner Intonation, erlesener Gesangskunst und musikalischer Phrasierung diesen „Abschied“ zum Ereignis werden liess. Eine Stelle besonders bleibt mir in ihrer Interpretation im Gedächtnis: „Die Welt schläft ein…“ In drei von den fünf vorausgehenden Lied-Sätzen war ihr Partner der Heldentenor Stuart Skelton, der mit gewaltiger Stimme den Zweikampf mit dem Orchester bestehen konnte. Zu sehr auf Lautstärke – die Ansprüche sind ja auch gewaltig im ersten Liedsatz – bedacht, wollte ihm dann in den lyrischen Passagen die Zurücknahme in ein klingendes Piano nicht mehr ganz gelingen. Seine Stimme aber hat ein Timbre und wird absolut sicher und ohne jede Trübung geführt. Für Mahler dürfte er wohl noch nicht ganz den Zugang gefunden haben. Nach einen lange ausklingenden „Ewig, ewig…“ von Elisabeth Kulman und einer Zeit des Innehaltens, setzte grosser Jubel für alle Beteiligten ein – zu Recht!

John H. Mueller   

 

 

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