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WEIMAR / Deutsches Nationaltheater: I MASNADIERI von Giuseppe Verdi – in sehr ungewöhnlichem “Gewand”

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Deutsches Nationaltheater Weimar, Premiere „I Masnadieri“ von Giuseppe Verdi am 31.01. 2015

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Alik Abdukayumov als Francesco Moor. Foto: Matthias Horn

 Die selten gespielte, am 22. Juli 1847 in London uraufgeführte Oper, für die sich Verdi Schillers „Räuber“ zur Vorlage nahm, wurde durch den Regisseur Volker Lösch in sehr ungewöhnlichem Gewand auf die Bühne gebracht.

Auf eine grellfarbige Projektionswand werden Sprechblasen projiziert, die mit in zahlreichen Interviews gewonnenen Aussagen von Vertretern   der rechtsextremen und neonazistischen Szene, aber auch von Linken und  von sogenannten etablierten Politikern, gefüllt und den Protagonisten zugeordnet werden. Hin und wieder findet man zur Orientierung auch Auszüge aus dem Originallibretto.

Das Publikum sieht sich also einer umfangreichen Leseaufgabe gegenüber, die durchaus interessant ist, aber stark von der Musik  ablenkt.

Hat man nun aber die Chance mit Alik Abdukayumov, dem Sänger des Francesco, einen Verdibariton höchster Qualität zu erleben, der außerdem ein eindrucksvoller Darsteller ist, so stellt jede Ablenkung von Gesang und Spiel einen großen Verlust dar. In seinem Auftritt im 1. Akt „Vecchio! Spiccai da te quell´odiato primogenito tuo!” konnte er alle Register ziehen und vor allem in der Arie „La sua lampada vitale“ kam sein unvergleichlich weiches und höchst individuell gefärbtes, unverwechselbares Timbre und seine mustergültige Phrasierung besonders gut zur Geltung.

Auch der Sänger des Carlo Jaesig Lee konnte mit eindrucksvoller Höhe und draufgängerischem Gesang und sogar mit Kampfsporteinlagen beeindrucken. Amelia Heike Porstein meisterte  ihre schwierige Rolle mit stimmlicher Leichtigkeit und wurde auch schauspielerisch ihrer in der Antifa-Szene angesiedelten Rolle gerecht.

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Heike Porstein. Foto: Matthias Horn

Die anderen Figuren gehören nach dem Regiekonzept vorwiegend entweder radikalen Neonazibanden an, wie Carlo und die vom stimmgewaltigen und furchterregend agierenden Männerchor gesungenen Räuber, oder rechts eingestellten etablierten Gruppen an, wie Francesco, der sich laut Inszenierung vor Überfremdung fürchtet.

Der alte Moor, von Daeyoung Kim mit orgelndem Bass gesungen, wird als Bundestagsabgeordneter dargestellt. Den Räuber Roller singt stimmstark Alexander Günther, der Kammerdiener Hermann ist Jörg Eichler.

Die gut studierte Staatskapelle Weimar unter Martin Hoff bringt die Musik wirkungsvoll zur Geltung, besonders auch in der herrlichen Ouvertüre mit dem wunderbaren Cello-Solo.

Man muss sich aber hier mit seiner Aufmerksamkeit zwischen einem Diavortrag mit Text, der auf die Bühne projiziert wird oder der Musik entscheiden. So interessant und wichtig es ist, aktuelle gesellschaftliche, politische Probleme zu zeigen- nachdem der letzte Akkord verklingt, tritt ein Afrikaner muslimischer Religion auf, und erzählt, wie er überfallen wurde, wie man ihm sein Handy raubte und wie er jetzt ständig in Angst lebt und abends und nachts kaum mehr außer Haus geht- so stellt sich doch auch immer die Frage, was das alles mit Verdis Oper zu tun hat.

Wir haben es eigentlich mit zwei interessanten Stücken zu tun, die gleichzeitig gezeigt werden, und so ist es auch zu empfehlen sich die Produktion zwei Mal anzusehen.

 Christoph Karner

 

 

 

 

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