Quantcast
Channel: KRITIKEN – Online Merker
Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208

ZÜRICH: Beethovens Vl-Konzert mit Isabelle Faust

$
0
0

  

ZÜRICH: Beethovens Vl-Konzert mit Isabelle Faust – Tonhalle 3. 2. 2015

Isabelle Faust - co. artsmg  Die Seele Beethovens ausgelotet   

Die bescheiden auftretende Geigerin Isabelle Faust belehrt einen bald eines Besseren. Denn diese zierliche Künstlerin fasziniert in Beethovens Violinkonzert einen sogleich durch die grosse Spanne an emotionalem Tiefgang und immenser Ausdruckskraft. Zu Beginn wohl noch etwas nervös, mochte ihr das Einstiegsthema nicht ganz so gelingen, wie sie es wohl wollte. Aber bald hatte sie sich in diesem schwersten aller schweren Violinkonzerte ganz hineingefunden und technische Probleme gab es überhaupt keine. Wie Isabelle Faust mit ihrem schlanken Geigenton immer wieder neue Einsichten in dieses Meisterwerk öffnet,  ist schon einzigartig. Nie geht es ihr darum, mit vollem Vibrato reichen Ton, das Publikum „auf die schnelle“ zu gewinnen. Sie zwingt einen, genau und richtig zuzuhören. So nimmt sie immer wieder die Gelegenheit wahr, ihre Decrescendi bis ins fast Unhörbare zurückzunehmen. So führt sie einen in die höchst verletzlichen Seelenabgründe Beethovens, was so gar nicht dem Porträt des finster dreinblickenden Titanen entspricht. Das an die 50 Minuten dauernde Konzert ist auch physisch eine Herausforderung und Isabelle Faust besteht sie souverän. Nicht ein Mal hat man den Eindruck, die zierliche Künstlerin würde an ihre Grenzen kommen. Immer bleibt sie souverän und stellt ihr Können in den Dienst des Werkes. Das klingt etwas abgedroschen,  ist aber so. Der langsame Satz schwebt förmlich durch den Raum, bevor die Geigerin, die die für die Klavierfassung des Violinkonzerts von Beethoven selbst geschriebenen Kadenzen für die Violine adaptiert, in das tänzerisch motivierende Finale einmündet. Manchmal spielt ein Lächeln um ihre Züge, dann ein Zwinkern zum Dirigenten oder zu einzelnen Instrumentengruppen hin. Da hätte man sich vom Zürcher Kammerorchester auch ein Mehr an Hineinhorchen in die Interpretation der Geigerin gewünscht, denn vieles, was die Geigerin an Phrasen dem Orchester vorspielte, kam mitunter etwas unsensibel und nicht so piano zurück, wie von ihr intendiert. Da half auch der schwedische Dirigent Daniel Blendulf nicht viel, denn er hielt vor allem an ein ordentlich musiziertes Vorwärtsdrängen. Dabei kam ihm die nach der Pause auf dem Programm stehende 4. Sinfonie B-Dur Beethovens entgegen, der er eine frisch und draufgängerisch musizierte Interpretation angedeihen liess. Zu Beginn hörte man eine Rarität: Die Ouvertüre zum Schauspiel „Olympie“ von Joseph Martin Kraus, dem sogenannten „Odenwälder Mozart“, mit welchem er fast die Lebensdaten teilt (1756-1792). Ein an Gluck oder Cherubinis „Medea“ in etwa erinnerndes Werk. – Als Zugabe spielte Isabelle Faust noch einen Bach – wunderbar verinnerlicht und frei in der Interpretation – und doch war es absolut Bach.

John H. Mueller            /            Foto: artsmg.com 

 

Diese Seite drucken


Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>