Wiener Staatsoper
“DON CARLO” von Giuseppe Verdi
1.März 2015
19. Aufführung in dieser Inszenierung

Furlanetto als Filippo II
Keine Frage, ein weltberühmter Dirigent als Vater muß noch keinerlei Gene für eine gute Regiearbeit vererben. Und ein Studium an der Arte Drammatica del Piccolo Teatro di Milano muß einem nicht unbedingt auf dem Theater weiterbringen oder gar eines der Philosophie an der Universität zu Pavia. Im Fall von DANIELE ABBADO hat das alles wenig genützt, seine Inszenierung des Don Carlo an der Wiener Staatsoper ist verhaut und die teilweise groteske Autodafé-Szene (wie sie Dominik Troger so treffend benannte) eine Beleidigung der Intelligenz unseres Publikums.
Aber was soll´s, die Wiener Opernfreunde müssen damit leben, was die Verantwortlichen des Hauses am Ring ihnen da eingebrockt haben.
Auch musste man sich mit dem Einspringer dieser Serie abfinden. Statt Ramon Vargas´ angenehmen Timbre kam Stefano Secco mit etwas überakzentuiertem, manchmal auch mit einem grellen und unschönen Tenor zum Einsatz, der nur selten zu einer Verdischen Gesangslinie fand, am ehesten noch im Abschiedsduett mit Elisabetta. Diese Rolle wurde von einer Einspringerin gesungen, Maria Pia Piscinelli, nachdem sich die vorgesehene Anja Harteros unter nicht näher bekannten Umständen in Rom für eine Mitwirkung an einer konzertanten Aufführung der Aida entschlossen hatte. Da diese Aufführung Basis einer CD oder DVD Produktion werden soll, ist es nicht verfehlt, für diese Absage pekuniäre Gründe anzunehmen. Letztlich war dort mit Jonas Kaufmann auch ein ungemein stimmiger Partner zu erleben. So ist also der Einsatz von Frau Piscinelli nicht hoch genug zu schätzen, auch wenn ihre Leistung nicht in der obersten sphärischen Stufe anzusetzen ist, immerhin aber als tadellos und engagiert einzustufen ist. Eine gut “geerdete” Königin also.
Einen Filippo von hohen Graden, noch dazu in ausgezeichneter stimmlicher Verfassung stellte Ferruccio Furlanetto auf die Bühne. Gemessen an großen Rollenvorgängern ist er bereits dem aufgeklärten Absolutismus zuzurechnen, sein Handeln ist vom Zweifel getränkt, sein Umgang mit Rodrigo eher schon freundschaftlich und der Inquisitor wird ziemlich resolut herumgeschubst. Die ohnmächtige Elisabetta wird zärtlich gehätschelt und mit seinem Mantel geschützt, bei ihrem Erwachen jedoch ist er sichtlich bemüht vor ihr diese Fürsorge zu verbergen.
Ohne Zweifel der beste des Abends ist Dmitri Hvorostovsky, die Stimme trägt wunderbar die Todesszene, es ist ein Genuß, ihm beim Sterben zuzuhören. Und wenn er nicht das Schlosser”gwandl” hätte, seine Erscheinung wäre als Marchese und späterer Duca di Posa mit dem weißen Haarlook eine perfekte. Er erhielt auch den größten Szenenapplaus.
Die Eboli der Beátrice Uria-Monzon, eine schöne und noble Erscheinung kann die erforderliche Leichtigkeit des Schleierliedes nicht ganz erreichen, dafür ist die Stimme schon zu “entwickelt”. Für die anderen Szenen zeigt sie trotz ihres auffallend hellen Timbres einen virilen und auch zu dramatischem Einsatz fähigen Mezzo.
Der geheimnisvolle Frate, der von den Librettisten zum Carlo V. aufgewertet wurde, hat für diesen Karrieresprung in Ryan Speedo Green nicht gerade einen überzeugenden Vertreter gefunden, zu wenig kernig und wenig fokussiert klingt sein Bass. Dem Inquisitor aber mit der rauhen und dröhnenden Stimme, dem nimmt man die Gefährlichkeit jederzeit ab. Eric Halfvarson ist der Leihsänger aus den nebeligen Gründen Niefelheims.
Ob die eigenartigen Lautstärkenverhältnisse auf den kastenartigen Bühnenaufbau, der ab dem Bühnenportal beginnt, zurückzuführen sind und einen Verstärkungseffekt sowohl für das Orchester als auch die Solisten und den Chor bedeuten, das wäre interessant zu erfahren. Zumindest auf der Galerie sind sowohl die Stimmen aber auch die Blechbläsergruppen ungewohnt präsent und laut zu hören.Welche Anteile davon auf das Dirigat von Marco Armiliato zurückzuführen sind, bleibt dahingestellt, aber allzu gering sind diese nicht. Zumindest der Teil nach der Pause war dann teilweise etwas feinfühliger und sängerfreundlicher dirigiert.
Da laut immer gut und immer schön für das Publikum ist, war der Schlußapplaus auch entsprechend groß.
Peter Skorepa
MERKEROnline
Bild M.Pöhn/WSO