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WIEN/ Staatsoper: LA JUIVE –

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WIEN/ STAATSOPER am 03.03.2015     “LA JUIVE”

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Neill Shicoff, Wiener Staatsoper/Pöhn

Wenn Halevys Meisterwerk gespielt wird, erwartet man Neil Shicoff. Nach zwei krankheitsbedingten Absagen wollte der Tenor in seiner Lieblingsrolle dem Publikum zuliebe auftreten. Damit war ausreichend für Spannung gesorgt, ob er durchhalten würde – leider das einzig Spannende an diesem Abend. Zuerst das Positive: Shicoff verkörperte wie gewohnt diese Rolle des Geschundenen perfekt, er spielt nicht den Eleazar, er ist Eleazar. Jede Geste, sein Gang, seine Haltung, seine Mimik sind Lehrbeispiele der Schauspielkunst. Auch stimmlich konnte er sich nach anfänglicher Vorsicht und Unsicherheit steigern, seine große Arie im letzten Akt war natürlich der Höhepunkt, wenn auch mit letzter Kraft und äußerster Anstrengung gesungen. Hut ab vor solchem Einsatz!

Mit ihm stand ein gutes Ensemble auf der Bühne, das sich bemühte, dem Star Deckung zu geben, sobald es nötig war. Olga Bezsmertna sang die Rachel mit kräftiger Stimme, die nur in den höheren Regionen etwas angestrengt klang. Dan Paul Dumitrescu als Kardinal Brogni setzte seinen voluminösen Bass bestens in Szene, so temperamentvoll hat diese Rolle schon lange niemand gesungen. Hila Fahima musste für die erkrankte Aida Garifullina einspringen und bewältigte die exponierte Partie der Prinzessin Eudoxie mit ihrem zarten Sopran durchaus zufriedenstellend. Wie immer war auch dieses Mal der undankbarste Job der, den Leopold zu singen. Auch mit Jason Bridges, einem US-amerikanischen Tenor, konnte man nicht restlos glücklich sein. Wohl schaffte er die mörderischen Höhen, aber mit zu wenig Kraft und mit zu großem Respekt, da fehlte einiges an Wirkung, wenngleich das Risiko eines möglichen Absturzes minimiert wurde.

Frederic Chaslin war ein routinierter Dirigent eines mittelmäßig spielenden Orchesters, patzende Bläser und zum Teil lähmende Langeweile im Orchestergraben trugen nicht zu einer berauschend guten Vorstellung bei. Günter Krämers Schwarz-Weiß = Böse-Gut – Inszenierung ist nach wie vor ein passender Rahmen für ein Drama, dessen Inhalt leider noch immer nichts an Aktualität verloren hat.     

Johannes Marksteiner 

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