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WIEN/ Staatsoper: LA JUIVE mit Neil Shicoff – ein aufwühlendes Seelendrama

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Wiener Staatsoper:„LA JUIVE“ VON HALÉVY  MIT NEIL SHICOFF – EIN AUFWÜHLENDES SEELENDRAMA (3.3.2015)

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Neill Shicoff. Foto. Wiener Staatsoper/Pöhn

Die Fans von Neil Shicoff wurden  wahrlich auf die Folter gespannt. Bei der ersten Vorstellung des Meisterwerkes von Jaques Fromental Halévy wurde „La Juive“ gegen „L’elisir d’amore“ von Gaetano Donizetti ausgetauscht. Dann spielte man das Seelendrama von Eleazar und seiner Tochter Rachel mit einem schwachen Ersatzmann, nun hoffte man auf die erste Reprise in der angekündigten Besetzung. Als man schließlich zur Staatsoper kam,  leuchtete der berühmte rosa Zettel auf, der Änderungen in letzter Minute ankündigt. Doch nicht der US-Tenor wurde ausgewechselt. Die Opernball-Entdeckung Aida Garifullina (Prinzessin Eudoxie) wurde durch Hila Fahima mehr als adäquat ersetzt. Neil Shicoff ließ sich jedoch „ansagen“, begann zurückhaltend und einmal gab es ein kurzen Hustenanfall. Doch mehr und mehr wurde man Zeuge einer grandiosen Vorstellung. ein aufwühlendes Seelendrama ging wahrlich unter die Haut. Die berühmte Arie wurde zu einem beklemmenden Selbstgespräch über Schuld und Vergebung. Unvergesslich das zweifache „moi, moi“ am Ende durch Shicoff. Wenn es ein Vermächtnis der Ära Holender gibt, dann  diese Produktion eines Meisterwerkes der Opernliteratur aus dem Jahr 1835. Toll, dass hier eine Stafette weitergeben wurde, die höchstes Niveau voraussetzt. Und die war tatsächlich vorhanden: am Pult verstand es der „Hausfranzose“ Frédéric Chaslin, den richtigen Bogen zu einem psychologischen Meisterwerk zu spannen. Das Orchester der Wiener Staatsoper und ebenso der Chor der Wiener Staatsoper (Thomas Lang) liefen zur Höchstform auf. Und dabei wurde das anspruchsvolle Werk seit der Premiere im Jahr 1999 erst 35 Mal gegeben. Intensiv und wirkungsvoll auch die Inszenierung von Günter Krämer (Bühne Gottfried Pilz und Kostüme Isabel Ines Glathar). Sie kontrastiert die helle Oberwelt der Habsburger mit der finsteren „Unterwelt“ des Goldschmiedes Eleazar. Sie hat geniale Momente wie die KZ-Assoziationen im 4.Akt und macht das Finale zu einem unvergesslichen Opern-Krimi. Wunderbar fast alle Partner von Neil Shicoff: Dan Paul Dumitrescu als Kardinal Brogni – ein durch und durch  menschlicher Würdenträger mit mächtigem Bass, der seine Verzweiflung ideal „über die Rampe“ bringt. Hinreißen auch die Rachel der Olga Bezsmertna (aus der Ukraine). Sie ist lyrisch-dramatisch mit strahlenden Höhen und einer samtigen Mittellage. Sie tönt voll Empathie und ehrlicher Schlichtheit. Hier bahnt sich eine große Karriere an. Und auch die „Einspringerin“ Hila Fahina begeistert mit glockenklarem hellen Koloratur-Sopran. Einzig der Leopold des US-Tenors Jason Bridges konnte da nicht ganz mithalten. Sein heller kopfiger Stimmansatz ist den Dimensionen des  Hauses am Ring einfach nicht gewachsen. Positiv fielen auch noch auf: Gabriel Bermudez als Ruggiero und Marcus Pelz als Albert. Am Ende großer Jubel, der sich auf Shicoff und die beiden Soprane sowie den unglücklichen Kardinal konzentrierte.

Peter Dusek

 

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