NICE/OPÉRA: SEMIRAMIDE von Gioacchino Rossini am 24.3.2015
Copyright; Opéra de Nice
Manche Häuser haben noch ein größeres Pech als die Wiener Staatsoper. Bei der Premiere von Rossinis “Semiramide” in Nizza brach der Sängerin der Titelpartie am Ende des ersten Aktes die Stimme weg, Cover war gar keiner vorhanden, und somit mussten die Zuschauer wieder nach Hause geschickt werden. Ein Supergau.
Bei der letzten Vorstellung, die wir sahen, war scheinbar wieder alles paletti. Zumindest sangen alle Beteiligten. Dennoch dürfte die Produktion, von der unglückseligen Premierenepisode einmal abgesehen, insgesamt unter keinem guten Stern gestanden sein.
Letztes Jahr hatte das Leading Team (Dirigent George Petrou, Regisseur Jakob Peters-Messer und Bühnenbildner Markus Meyer) eine hinreißende und atemberaubende Händelsche “Semele” auf die Bühne der Nizzaer Oper gezaubert (siehe Online Merker vom 16.2.2014).
Insofern hatte man sich zutiefst auf diesen Abend gefreut, und sich eine ähnliche Sternstunde erwartet. Aber ach ! Man wurde heftigst enttäuscht.
Entweder fühlt sich Peters-Messer im Komischen mehr zu Hause als im Tragischen, oder die Sänger haben nicht mitgespielt, oder die Chemie stimmte nicht, oder die Sterne standen eben schlecht… Was auch immer der Grund war, jedenfalls traute man seinen Augen nicht, was für eine ideenarme, starre, schwarze, ja leblose Inszenierung man hier zu Gesicht bekam.
Zu der doch wahnsinnigen Geschichte der Mutter, die ihren Sohn (natürlich “unbewussterweise”) heiraten will, ist dem Regisseur und seinen Mitarbeitern diesmal nahezu gar nichts eingefallen. Es muss ja nicht immer eine psychoanalytische Deutung sein, aber irgendeine Interpretation wäre aufgrund dieses extremen und hochdramatischen Themas doch angebracht gewesen.
Copyright; Opéra de Nice
Personengestaltung: Fehlanzeige. Gespielt wird kaum, und schon gar nicht miteinander. Sich bei Duetten ansehen ? Unter der Würde des Standes. So treten die Damen und Herren Sängerinnen und Sänger also auf, machen widerwillig ein paar Dinge, die ihnen der Spielleiter angeschafft hat und gehen dann wieder ab. Dazwischen stellen sie sich an die Rampe und singen mit unverwandtem Blick zum Dirigenten, frontal ins Publikum und gelegentlich auch ins Narrenkastl.
Nun ja, singen…
Selbst wenn man die Erinnerung an so legendäre Rollenvorbilder wie Joan Sutherland, Marilyn Horne, Montserrat Caballé, Mariella Devia, Ewa Podles u.v.a.m. aus dem Gedächtnis verdrängt, blieb die gesangliche Leistung – leider aller Beteiligter – total untermittelprächtig. Kleine Stimmen, selbst in diesem nicht sehr großen Haus kaum hörbar, die trotz manchmal gegebener Geläufigkeit den vituosen Anforderungen der Rossinischen Partitur in keinster Weise gerecht werden.
Eigentlich sollte man die Namen ja besser verschweigen, aber das war das Ensemble dieses traurigen Abends : Joanna Mongiardo (Semiramide), Kristina Hammarström (Arsace), Paolo Pecchioli (Assur), Daniele Zanfardino (Idreno)
Und auch der sonst so exzellente George Petrou an der Spitze des Orchestre Philharmonique de Nice schien diesmal neben sich zu stehen und konnte jedenfalls die totale Katastrophe auch nicht abwenden.
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Am Ende schwacher Applaus für eine wirklich schwache Aufführung. Ein mysteriöses Debakel, und äußerst betrüblich. Schade.
Robert Quitta, Nizza