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WIEN / Staatsoper: Richard Wagner PARSIFAL

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Michael Volle als Amfortas

Michael Volle als Amfortas

 

Wiener Staatsoper
Richard Wagner  PARSIFAL
5.April 2015
44.Aufführung in dieser Inszenierung

 

Zwei aus der langen Besetzungsliste der gestrigen Vorstellung ragten den Abend über prägend heraus, die Darstellerin der Kundry und der Sänger des Amfortas, gestaltet von Persönlichkeiten, wie sie lebendiges Musiktheater immer brauchen wird.

Johan Botha und Angela Denoke

Johan Botha und Angela Denoke

Da war die in ihrer Rolle gesanglich scheinbar verglühende Angela Denoke, die mit ihrer Leistung nicht nur in der obersten Klasse dieses Faches angekommen ist und die Grenzen ihrer stimmlichen Möglichkeiten fast mühelos auslotet bis hin zu das unter die Haut gehende “Ich sah Ihn und lachte…”. Immerhin hat sie einen der größten gesanglichen Sprünge (in Notenwerten) der Opernliteratur mit einer ganzen Oktave und einer Sept zu bewältigen, dazu kann sie noch die verführerischen Töne für Parsifal bereithalten. Dem Staatsopernstream war es wohl geschuldet, dass zum Unterschied zur vorangehenden Vorstellung  die Träger ihres ziemlich weit flatternden Kleides gekürzt wurden und damit die Nippelblitzer des Karfreitags nicht mehr zu sehen waren. Kein Nippelgate auf Monsalvat also. Was hätte Wagner dazu gesagt? In Cosimal Tagebuch aus 1881 ist immerhin der Ausspruch Wagners anläßlich einer Besprechung mit der Kostümbildnerin in Bayreuth überliefert, “Kundry müsse eigentlich nackt singen, wie eine Tizianische Venus.” Nun hätte die Denoke das nicht einmal notwendig, sie beweist, dass man als Frau auch mit Verhüllung weitaus erotischer wirken kann als im nackten Zustand.

Was sagt da ein reiner Tor als Außenstehender dazu? Johan Botha tut sich immer schwerer in der Darstellung des Parsifal, den kühnen und keuschen Knaben kann man ihm nie und nimmer abnehmen, der wird sich so oder so nie von Kundry verführen lassen, er ist ein reifer Heldentenor geworden mit dem Phlegma eines Bud Spencer, dem man vielleicht die Rückgewinnung der Lanze zutraut, weil er diesen Moment auch so bemerkenswert schön und kräftig im letzten Aufzug ankündigt.

Das zweite herausragende Atout auf dem Besetzungszettel war Michael Volle, welch ein Prachtbariton an Fülle, Ausdruck und Gestaltungskraft. Sein “Erbarmen” ein wildes Fordern, er gibt all den Gefühlen von Aufbegehren, Resignation und Todessehnsucht darstellerischen und gesanglichen Raum.

Stephan Milling ist aus seinem Krankenstand zurück, man merkte anfangs am eher vorsichtigen Angehen der hohen Lagen, an der nur wenig substanzreichen Tiefe und einem abgerissenen Ton im vorletzten Bild die überstandene Indisposition. Stimmlich und in der so offensichtlich aktiveren Darstellung wurde er vom einspringenden Kurt Rydl drei Tage zuvor trotz des Altersunterschiedes – Rydl fehlen nur mehr drei Jahre zur Vollendung seines siebenten Lebensjahrzehnts – in den Schatten gestellt.

Eher wie ein alerter Untergebener als wie der Chef selbst, so wirkte Boaz Daniel als Klingsor und Ryan Speedo Green wirkte, bedingt durch die Inszenierung, nicht wie der einst mächtige Erbauer der Gralsburg.

Ein Blumenstrauss für Hila Fahima, weil man ihre Stimme als Blumenmädchen so schön heraushörte: In Vertretung für das riesige Ensemble von Knappen, Gralsrittern,  Blumenmädchen und die Stimme von oben sei dieser überreicht und auch für die Chorleistung unter Thomas Lang.

Für den erkrankten Peter Schneider war Adam Fischer eingesprungen, er führt uns in einen bemerkenswert fülligen und robusten Klangraum mit allerdings sorgsamer Rücksicht auf die Gesangsstimmen, alles eher dem Feierlichen als dem Geheimnisvollen zugetan.

Das Wenige von Christine Mielitz`s Regie hat sich abgeschliffen, der Gral hat sich als leer herausgestellt, die zerbrechende Schale steht für die Sinnentleerung, alle stehen sie zuletzt an der Rampe und glotzen ins Publikum, frei nach dem Spruch: Jetzt stehen wir betroffen, der Vorhang zu und alle Fragen offen!

 

Peter Skorepa
MERKEROnline
Fotos: Michael Pöhn/Staastoper

 

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