Frankfurt: Euryanthe von C.M.von Weber Premiere am 5.4.2015
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Foto: Monika Rittershaus
An der Frankfurter Oper wird jetzt die v. Weber-Oper ‘Euryanthe’ gespielt, die neben seinem ‘Freischütz’ ein Schattendasein führt. Dafür gibt es plausible Erklärungen. Der eigentliche Begründer der deutschen und romantischen Oper hat mit Euryanthe ein französisches Sujet und dazu noch ein schwieriges mit dem Libretto von Helmina von Chezy, einer zeitgenössischen Feministin, gewählt. Das kam in der Biedermeierzeit ja gar nicht gut an. Dazu hat die ‘große heroische Oper’ (man denkt unwillkürlich auch an Schuberts Fierrabras) mit den beiden Protagonisten-Paaren vier exorbitante Gesangspartien, die sicher nur schwer zu besetzen sind. Frankfurt leistet das natürlich.
Eine etwas mysteriöse Vorgeschichte ergibt ein ein striktes Geheimnis für das ‘weiße Paar’ Adolar – Euryanthe, Der Gegenspieler Lysiart verwettet seinen Hof und sein Leben, daß er Euryanthe für sich gewinnen kann, und Adolar, von der absoluten Treue seiner Frau überzeugt, setzt dagegen. Lysiárt gelingt es, der Eglantine, einer Art wagnerscher Vor-Ortrud, das Geheimnis der Liebe Adolars über seine Ahnen Emma und Udo abzulauschen. Somit gelingt es ihm, die Wette für sich zu entscheiden und übernimmt Adolars Hof, der mit Gefolge und Euryanthe auszieht. Bevor letztere stirbt, kann sie aber dem König noch den wahren Hergang, der sie entlastet, schildern. Lysiart, der Eglantine heiraten will, tötet seine Braut, die im Wahn ihr Verbrechen verrät. Zumindest die Ahnen Emma und Udo können Frieden finden.
Die Regie von Johannnes Erath macht aus diesem geisterumwobenen magisch-romantischem Stoff ein großes Ausstattungsspektakel. Die Chöre, die oft bühnenfüllend sind, werden in allen ihren Details und Elementen präsentiert. Erath versinnbildlicht das “Herzens”-Spiel mit einer Schachpartie. Adolar und Lysiart ergehen sich dabei aber auch in weitlaüfigen Bewegungen, regielich gut getimed in ihrer Aktion gegeneinander, während die Damen eher statisch behandelt werden, wenn sie oft etwa am Grabmal Emmas, das in einer Bühne auf der Bühne (das salonhafte Bühnenbild in dunklen Brauntönen von Heike Scheele) wie hingegossen erscheinen. Emma und Udo werden von einem noch jüngeren Paar, sie ganz wie Euryanthe schlohweiß, er mit dargereichtem Kriegerhelm und später Halbrüstung, markiert. Während der Irrfahrten werden auch allenthalben Chimären und fast nackte Bordellfrauen sichtbar. Die Hofdamen sind fantasiereich in Art Dekot bzw. Empire-Stil gekleidet (Gesine Völlm).
Musikalisch ist allerfeinster C.M. von Weber zu hören. So untergründig magisch kann er auch klingen. Das Orchester wartet mit einer blankgeputzten Wiedergabe unter dem versierten Dirigat von Roland Kluttig auf, der auch als GMD in Coburg Juwelen abseits vom Repertoire entdeckt. Die Männerchor-Domäne wie bei Lohengrin läßt sich nicht bestreiten, sie singen und agieren heftig, aber ‘nur’ im schwarzen Anzug. Die Damen sind immer erst später und ganz am Ende zugelassen und vervollstandigen den schönen Chorklang obertonreich. Katharina Ruckgaber und Michael Porter vom Operstudio singen die Kurzrollen Emma/Udo. Den König gibt Kihwan Sim mit plastisch geführtem Baßbariton. Für den Lysiart steht mit James Rutherford ein Heldenbariton zur Verfügung, der mit angenehm dunklem Timbre drahtige Gestaltungswucht einbringt. Die Eglantine Heidi Melton ist auch von umwerfender Bühnenpräsenz und singt einen durchschlagend brillanten Sopran mit starken Höhenreserven. Eric Cutler durchdringt die Figur des Adolar mit seinem mächtigem heroischen Tenor, aber auch mit innig gestalteten anmutig geführten “Bekenntnissen”. Die Titelgestalt der Erika Sunnegardh kann ihre weiblich reine Unschuld auch mut weichem Timbre verkörpern, aber auch höchst romantisch glanzvoll aufbühende Töne dazumischen. Ihr stimmliches Aufjubeln noch im Tod ist von überwältigendem Charme.
Friedeon Rosén