WIEN/ Staatsoper. PARSIFAL am 5.4.2015
Angela Denoke. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn
Der Parsifal am Ostersonntag konnte trotz hochkarätiger Besetzung nicht restlos überzeugen.
Stephen Milling bot zwar einen altersweisen und grundsoliden Gurnemanz; er wirkte aber letztlich doch etwas unemotional und unbeteiligt. Nach einem stimmlich überzeugenden Beginn schwächelte Milling im 3. Akt, in dem ihm auch einmal (allerdings bloß sehr kurz) die Stimme weg blieb. Es gelang ihm auch nicht, die Stimmung des Karfreitagszaubers überzeugend zu beschwören
Michael Volle bot für mich die überzeugendste Leistung des Abends; ein wirklich vollkommenes Bild des leidenden, letztlich gar dem Wahnsinn nahen Amfortas. Sowohl die lamentierenden wie die reflexiven Passagen gelangen ihm eindrucksvoll. Volle ließ die Zuhörer den sündigen Gralskönig in ungeschönter Direktheit erleben; eine herausragende Leistung.
Angela Denoke konnte in ihrem” 2. Akt ihr stimmliches Leistungsvermögen nicht gänzlich abrufen. Denoke verlor kontinuierlich an Stimmkraft. Begann sie noch voller Intensität, mit klarer Stimme und überzeugendem Spiel, blieb ihr bei den Irre-Rufen fast schon die Luft weg.
Daniel Boaz war als Klingsor solide, letzten Endes aber zu eindimensional. Boaz versuchte einen von Hass zerfressenen, bösartigen Klingsor darzustellen. Das gelang ihm leider nicht restlos, zu hell klang seine Stimme über weite Passagen. Hinzu kommt, dass er der, wie ich meine, vielschichtigen Person, Klingsors dadurch nicht gerecht wurde.
Johan Botha war, überraschenderweise, der eigentliche Problemfall des Abends. Im 1. und 3. Akt war Botha überzeugend mit töricht heller Stimme, auch wenn man anmerken muss, dass die Stimme etwas angekratzt klang. Im 2. Akt aber hatte Botha erhebliche Probleme mit dem Text. Diese Unsicherheit machte sich bei Botha auch stimmlich bemerkbar. Das größere Problem ergab sich aber daraus, dass er teilweise zu viele oder zu wenige Silben sang, also wirklich gegen die Musik ankämpfte. Diese Unsicherheiten störten das Gleichgewicht der ohnehin hochkomplexen Musik empfindlich.
Adam Fischer hatte im Graben daher alle Hände voll zu tun, den Zusammenhang zu sichern. Im 1. Akt bot Fischer auch noch eine würdige, sakrale Deutung die dem Charakter des Stückes durchaus gerecht wurde. Im 2. und 3. Akt war hat Fischer aber doch Schwierigkeiten mit der Abstimmung der Orchestergruppen, was sich in einer erheblichen Lautstärke niederschlug. Das ist ein Problem, das in der Staatsoper aufgrund der baulichen Eigenheiten viele Dirigenten haben (man denke nur an den ehemaligen Generalmusikdirektor). Bei manch anderen Oper (etwa der Elektra) mag das zwar störend sein, das Stück ist aber von sich aus laut. Bei Parsifal ist das aber schlichtweg nicht der Fall und so verlor der 2. Akt viel von seiner abgründigen Laszivität. Der hohen Lautstärke fiel ebenso die erhabene Wirkung des Schlusschores zum Opfer. Allerdings muss man Fischer insofern ein großes Lob aussprechen, als dass er ja für Peter Schneider eingesprungen ist und im 2. Akt durch die erwähnten Probleme Bothas alle Hände voll zu tun hatte.
Das Ensemble wurde abgerundet von einem belanglosen Ryan Speedo Green als Titurel,
Monika Bohinec war eine überzeugende Stimme von oben. Bei den Blumenmädchen hingen vermisste ich die subtile Erotik, die die Musik eigentlich gebietet.
Somit bleibt nur zu sagen, was eingangs schon erwähnt wurde. Der letzte Funken wagnerscher Klangmagie wurde nicht entzündet. Eine gute Vorstellung? Keine Frage. Höchsten Heiles Wunder? Wohl eher nicht.
Valentin Lewisch