WIEN/ Staatsoper: Der Rosenkavalier am 12.04.2015
Elina Garanca. Foto: Wiener Staatsoper/Pöhn
Leider ist diese Rosenkavalier – Serie schon wieder zu Ende und wie man hört, wird auch Elina Garanca diese Rolle (in Wien) nicht mehr singen. Natürlich zeugt es von einer klugen Karriereplanung, wenn sie am Zenith ihrer stimmlichen und gestalterischen Möglichkeiten in ein neues Fach wechselt. Wir werden noch in vielen Jahren von ihrem Octavian schwärmen – heute aber dominiert der Abschiedsschmerz.
Diese etwas wehmütige Stimmung wurde vom gesamten Ensemble, das in dieser denkwürdigen Serie am Werk war, verstärkt. Es ist zu befürchten, dass wir den Rosenkavalier lange nicht wieder in dieser kompakten, höchstwertigen Qualität erleben werden.
Das bestens disponierte Staatsopernorchester zeigte gemeinsam mit dem großartigen und zum Glück auch derzeit hier vielbeschäftigten Adam Fischer, was man unter einer „wienerischen Interpretation“ im besten Fall erwarten darf. Das Vorspiel begann mit einem eindrucksvollen Liebesakt, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ und schon in den folgenden zarteren Passagen, aber auch bei den Wiener Walzerklängen im gesamten Stück wurde – im besten Sinne – geschmiert, ohne jemals süßlich-kitschig zu wirken: das ist der unbeschreibbare Wiener Klang, den man nur spüren kann! Der psychedelische letzte Ton im ersten Akt gelang auch diesmal wieder so ergreifend, dass er (schon zum zweiten Mal hintereinander) nicht verklatscht wurde – ein Kompliment für den Konzertmeister Rainer Küchl, aber auch an das einfühlsame Publikum!
Auf extrem hohem Niveau agierte nicht nur Elina Garanca, die mit ihrem heller gewordenen Mezzo in allen Lagen mit Leichtigkeit und mit beeindruckender Stimmschönheit einen tollen Octavian sang und besonders ein unterhaltsames Mariandl spielte; sie hat im Lauf der Jahre auch die perfekte Gesangstechnik für die Wirtshausszene im dritten Akt („Nein, nein, i trink kan Wein“) gefunden – sie interpretiert komisch aber nicht dämlich!
Auch Martina Serafin verkörperte eine Feldmarschallin sowohl als übermütige Geliebte als auch als nachdenkliche und dominante Fürstin Werdenberg. Ihr klarer, schnörkelloser Sopran klang immer edel und harmonierte prächtig mit den beiden jungen Verliebten. In der Abschiedsszene, nach dem Handkuss des Octavian zeigte sie mit einer Handbewegung eine „Grandezza“ die man wahrscheinlich nicht lernen kann – „wer kau der kau!“
Die dritte im Bunde war Erin Morley als Sophie. Sie lieferte eine authentische Variante des verwöhnten Fabrikantentöchterls, das trotz strenger Erziehung aufbegehrt und seinen eigenbestimmten Weg geht. Der helle, mädchenhafte Sopran harmonierte sehr gut mit dem hellen Mezzo der Garanca – der Schlußton der beiden verschmolz zu einem denkwürdigen, zutiefst berührenden Klang.
Für den perfekten, wienerischen Eindruck war besonders der Ochs auf Lerchenau von Wolfgang Bankl verantwortlich. Er spielte den niederösterreichischen Landadeligen mit herrlicher Anmaßung und tollpatschigem Humor. Gesanglich vermittelte er mit seinem anpassungsfähigen, schönen Bass alle Stimmungen und bewältigt sowohl die Höhen (Heu….) als auch die Tiefen (keine Nacht dir zu laaang ! ) makellos. Dieser Ochs tröstet darüber hinweg, dass wir ihn schon seit Längerem zu Ostern als Klingsor vermissen!
Auch die wichtigen Nebenrollen waren zumindest „rollendeckend“ besetzt und trugen zum guten Gesamteindruck bei:
Jochen Schmeckenbecher war ein stimmlich souveräner Faninal, der den neureichen Bagatelladeligen nicht verblödelte, sondern einen „Edlen von“ darstellte und Caroline Wenborne entwickelte sich zu einer dominanten Leitmetzerin, die in der Anfangsszene des zweiten Aktes die Handlung führte.
Thomas Ebenstein und Ulrike Helzel waren ein spielfreudiges, bewährtes Intrigantenpaar; Alexandru Moisiuc agierte als Polizeikommissar unauffällig und Herwig Pecoraro war als Wirt wieder einmal eine Luxusbesetzung.
Die „übliche Bagagi“ wurde von Markus Pelz, einem schrulligen Notar, von Benjamin Bruns, einem sehr guten Sänger, von Annika Gerhards (Modistin), von Maria Bierbaumer, Jung Won Han, Maria Gusenleitner und Sabine Kogler (adelige Witwe und Waisen)und von Thomas Köber (Tierhändler) dargestellt. Das Hauspersonal wurde von den Haushofmeistern Wolfram Igor Derntl und Benedikt Kobel angeführt.
Richard Strauss ist derzeit in Wien ein ungetrübtes Vergnügen!
Maria und Johann Jahnas