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FREIBURG: DIE KÖNIGIN VON SABA von Karl Goldmark. Premiere

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Freiburg: “Die Königin von Saba” – Oper von Karl Goldmark, Pr. 18.4.2015

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Katerina Hebelková als Königin von Saba. Foto: Rainer Muranyi

 Karl Goldmark ist vielen kein Begriff mehr, doch zu Lebzeiten genoss er in Wien Kultstatus, wurde von Karl Kraus gar als „grösster lebender Musikdramatiker seit Richard Wagners Tod“ bezeichnet und zählte Grössen wie Jean Sibelius zu seinen (allerorts beneideten) Schülern.

 Mit der 1875 in der Wiener Hofoper uraufgeführten Oper „Die Königin von Saba“ wurde Goldmark über Nacht berühmt. Warum diese Oper im 19. Jahrhundert äusserst populär war, kann man nun dankenswerterweise in Freiburg erleben: Die Musik ist romantisch-kraftvoll irgendwo zwischen Meyerbeer und Wagner, die Figurenausarbeitung plastisch und die Bühnenwirksamkeit unbestreitbar.

 Wer allerdings ein Geplänkel zwischen Salomon und der Königin erwartet, wird enttäuscht: Diese verführt vielmehr dessen Sohn Assad mehrfach, verleugnet diesen aber stets, bis weder seine Ehe mit Sulamith noch sein Leben mehr zu retten sind.

 Kirsten Harms inszeniert die beinahe zu schwülstige Oper eher nüchtern, mit minimalen Effekten. Freiburg zeigt dabei einmal mehr, dass effektvoll nicht teuer sein muss: Das goldene Paillettenkleid der Königin hält den ganzen Abend, der ihrer Ankunft vorausgehende Goldregen in Form von glitzernden Papierschnipseln repräsentiert die reichen mitgebrachten Schätze aufs Trefflichste und ein brennender Dornbusch mitsamt Diapositiv eines ausgetrockneten Bodens weckt die Wüstenassoziation zur Genüge. Dankenswerterweise werden auch die hässlichen weissen Balkonplastikstühle vom Sturm in kleine Stücke gerissen.

 Die zurückhaltenden Kostüme (Bernd Damovsky) sind zwar manchmal enttäuschend (Salomon im simplen Business-Anzug) oder anachronistisch (den Schtreimel, den traditionellen Pelzhut der Juden, gab es um 1000 v. Chr. wohl noch nicht), wirklich störend sind aber nur die „Kill Bill“-Outfits der weiblichen Leibgarde der Königin.

 Auch die Klagemauer (Ausstattung: ibid.), an die sich Assad zu Beginn verzweifelt lehnt, stand damals ebenso wenig wie Freud’s Couch. Das Relief der „Königin der Nacht“ aus dem British Museum ist hingegen wieder ca. 800 Jahre zu alt… Aber wir wollen mal nicht so sein: Der gewünschte Effekt wird – wie gesagt – durchaus erzielt.

 Wie schon in Carmen gehörte die Nacht den Damen, kein Wunder, da die Hauptdarstellerin identisch ist. Katerina Hebelková singt und spielt die herrsch-, sex- und eifersüchtige Königin so gut, dass man ihr nur aus dem Weg gehen möchte (für die männlichen Zuschauer kann ich natürlich nicht sprechen). Da kann Salomon (gut mithaltend: Karoly Szemeredy) noch von Glück reden, dass sie es nicht auf ihn abgesehen hat.

 Weiterer Höhepunkt ist Irma Mihelič als Sulamith, Tochter des Hohepriesters und Assads Braut. Ihre Wahnsinnsarie ist phänomenal, von der Dame dürfte man in Zukunft noch einiges hören. Dagegen fällt Nuttaporn Thammathi als Assad etwas ab, seine Höhen wirken heiser, sein Spiel noch etwas hölzern.

 Fabrice Bollon dirigiert das Philharmonische Orchester Freiburg gewohnt souverän und kraftvoll. Chor und Extrachor (Leitung: Bernhard Moncado) dürfen ihr Können vor allem während der Hochzeitszeremonie beweisen.

 Die beiden Ex-Verlobten treffen sich zum Sterben in der Wüste. Aber statt ihren Assad gemäss Libretto mit Vergebung in ihren Armen sterben zu lassen, zerschneidet Sulamith das Hochzeitsband und verschwindet. Recht hat sie.

 Alice Matheson

 

 

 

Katerina Hebelková als Königin von Saba. Foto: Rainer Muranyi

 

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