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WIEN/Staatsoper Giacomo Puccini MADAMA BUTTERFLY

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Wiener Staatsoper
Giacomo Puccini    MADAMA BUTTERFLY
22.April 2015   371. Aufführung in dieser Inszenierung

 

Der tränensichere Dauerbrenner

Keine Frage, nach vielen Abenden mit Göttern, mordenden Atriden aus der griechischen Antike, heilsschwangeren Religionsführern oder sexsüchtigen Rokokokokotten tut so ein Abend unter menschlich agierenden Figuren wieder gut, auch wenn die Probleme aus typischen Handlungen unsere Spezies Mensch ihren Zuschnitt bekommen. Enttäuschte Liebe versus egoistische Liebelei und gebrochene Versprechen, das alles umschmeichelt von Puccinis tatsächlich ins Ohr gehenden und von ihm in vorausgehenden ethnographischen und musikologischen Studien erarbeiteten Exotismus seiner Melodien.

Jorge de León (c) M.Pöhn

Jorge de León (c) M.Pöhn

Kaum zu glauben, dass dann dieses Werk, welches Puccini als seine bis dahin kompositionstechnisch reifste Theaterarbeit bezeichnete, so ein Debakel bei der Uraufführung an der Scala erlebte und zu mehreren Umarbeitungen führte. Erst bei seiner Turandot versuchte dieses Institut wieder die Ehrenrettung an einem der größten der Operngeschichte. Allerdings war der Komponist dann schon tot.

Die gestrige Repertoireaufführung, die 371.(!)in dieser Inszenierung, deren sehenswert frisch herausgeputztes Bühnenbild sicherlich nocheinmal so viele Aufführungen erleben wird, konnte immerhin mit zwei puccinigeeichten Protagonisten aufwarten. Die Chinesin Hui He, die über die Butterfly an der Volksoper an die Wiener Staatsoper unter Holender gelangte, zeichnete, auch ohne den von Puccini begehrten hohen Schlußton bei ihrem Auftrittslied, ihr Schicksal musikalisch mit ihrem fülligen und warmen Sopran überzeugend nach. Dass sie auch schauspielerisch ihr Schicksal der von der Familie Verstossenen gekonnt darzubieten versteht, den gläubigen aber auch forschen Umgang samt Handgreiflichem mit dem Botschafter ihrer neuen aber für sie so enttäuschenden neuen Heimat oder die Abweisung des unbegreiflich geduldigen neuen Heiratskandidaten Yamadori, das alles hat sie beinahe schon in ihrem Rollenbild verinnerlicht. Dass sie aber zuletzt eine Sterbeszene hinlegt wie eine schlechte Parodie auf Otellos Tod, das beraubt sie letztlich doch ein wenig an Wirkung. Aber trotz dieser wenig gelungenen Schlußpantomime, die Wirkung ihrer Rollengestaltung ist bewegend, dazu noch die Musik Puccinis: Nicht wenige furtive lacrime unter den, auch jüngeren Zuseherinnen waren zu sehen.

Eine wahre Freude bereitete gesanglich auch der Tenor aus Teneriffa, Jorge de León als der sich seiner hemmunslosen Lust hingebende amerikanische Marineoffizier Pinkerton. Mit dem leicht metallisch legierten Spintotenor und seinen Legatobögen überzeugte er wirkungsvoll Cio-Cio-San, das Publikum und früher schon die Direktion, die ihm für die Premiere des Verdischen Macbeth in der nächsten Spielzeit mit der Rolle des Macduff betraute.

Wer in die Annalen der Staatsoper blickt wird feststellen, dass für die Besetzung des Sharpless früher (ja früher, so jammern wir in Wien angeblich ja immer gerne) auch große Namen aus dem Emsemble oder auch Gäste zur Verfügung standen, die für diese gar nicht so anspruchslose Rolle doch nicht nur ihre Stimme sondern auch den ganzen Charakter einer Partie bereitstellen konnten. Da brauche ich nicht erst Namen zu nennen wie Rolando Panerai, Kostas Paskalis, Bo Skovhus, Eberhardt Waechter Giuseppe Taddei oder Thomas Hampson, das waren noch Zeiten, als man auch noch ganzheitlich ein Stück zu besetzen bereit war. Jetzt macht der Rechenstift dem ein Ende und wer jeden Opernabend durch so kleine Besetzungsvarianten etwas einspart, kommt auch mit so kleinen Korrekturen bei über 300 Opernabend je Saison auf eine nicht unbeträchtliche Summe. Darum – aber das soll jetzt nicht negativ gemeint sein – darf das frische Ensemblemitglied David Pershall eine dem Klavierauszug entsprechende, aber an Persönlichkeit noch sehr magere Leistung einbringen, dessen Stimme obendrein noch keine Überzeugungskraft für so ein Engagement bereithält.

 Sonst herrscht der übliche Routinebetrieb auf Nagasakis Bühne, Monika Bohinec dient ihrer Herrin zufriedenstellend, Goro – der aufdringlich Übereifrige – wird von Thomas Ebenstein überzeugend eingebracht, ebenso sein von ihm vertretener, aber ständig abblitzende Heiratskandidat von Peter Jelosits. Richtig überzeugend böse wird die Sache mit dem Onkel Bonze von Alexandru Moisiuc, wer will so einen Onkel schon haben. Hans Peter Kammerer und Martin Müller ergänzten als Kommissär und Standesbeamter.

Philippe Augin liegt dieses Stück Puccinis sehr, anders als bei seinem Verdi kann er hier mehr schwelgen und agogische Zeichen setzen und das Staatsopernorchester folgt scheinbar willig in diese süffige Musik. So auch der Staatsopernchor unter Martin Schebesta. Man muß ganz einfach diese beiden Institutionen lieben.

Dem Publikum gefiel es, viel Jugend, viel touristische Opernfans im Publikum und begeisterter Applaus für die beiden Hauptrollensänger am Schluss.

 

 Peter Skorepa
MERKEROnline

 

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