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WIEN/ Staatsoper: L’ITALIANA IN ALGERI mit einem weiteren Anwärter auf den Belcanto-Thron

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Gioachino Rossini: L’ITALIANA IN ALGERI  Wiener Staatsoper 23. April 2015

edgardo rocha foto edoardo piva
Gelungenes Debüt: Edgardo Rocha (Lindoro). Copyright: Edoardo Piva

 Seit 1987 läuft die Italienerin in Algier in der Inszenierung von Jean-Pierre Ponnelle an der Wiener Staatsoper, und auch nach 28 Jahren und nun 87 Aufführungen hat diese Bilderbuch-Produktion nichts von ihrem Reiz, ihrem Witz und ihrem Charme verloren.

 Dass Agnes Baltsa – die bereits bei der Premiere die Isabella gewesen ist – der Titelrolle in insgesamt 47 Vorstellungen bis 2013 ihren Stempel aufgedrückt hat, musste man an diesem Abend allerdings beiseite wischen.

Denn Anna Bonitatibus bewegte sich rein stimmlich – wenn auch gekonnt und mit sicheren Koloraturen – vorwiegend in tieferen Registern und meisterte die Isabella ohne hörenswerte Spitzentöne. Sie zeigte vor, dass das natürlich auch geht, doch ihre Italienerin wirkte dadurch auch recht unspektakulär. Das vibratoreiche, eher spröde Timbre der Mezzosopranistin mag auch nicht jedermanns Geschmack sein. Das zeigte sich dann auch beim eher verhaltenen Applaus für die Sängerin am Ende der Vorstellung. In ihrem Spiel zeigte sie viel Einsatz.

 Lange Zeit galt Juan Diego Florez als die einsame Lichtgestalt im Belcanto-Fach. Nun, diese Zeiten sind vorbei. Javier Camarena beispielsweise (der ursprünglich für den Lindoro angesetzt war und die Serie krankheitsbedingt absagen musste) ist dem Peruaner schon längst ebenbürtig. Oder der junge russische Tenor Maxim Mironov, der seit einiger Zeit mit fantastischem Belcanto von sich reden macht. Und mit Edgardo Rocha, dem aktuellen Lindoro der Staatsoper, stellt sich ein weiterer Anwärter auf den Belcanto-Thron vor. Sicher, der Sänger ist noch sehr jung, steckt mit seinen 32 Jahren praktisch noch im Kindesalter was Tenöre betrifft, doch lässt er bereits beachtliches Potential hören. Rocha, der aus Uruguay stammt und ob seiner Attraktivität auch locker einen der ersten Plätze im Ranking „sexiest tenor alive“ beanspruchen dürfte, ließ eine schöne, geschmeidige, flexible Belcanto-Tenorstimme erklingen, die auch mit Spitzentönen keinerlei Probleme hat. Im Gegenteil, diese erklangen gerne auch mal im sicheren forte. Zudem agierte auch er besonders spielfreudig. Lediglich in manchen Ensemblenummern wünschte man sich noch etwas mehr „Drive“. Aber der Sänger ist noch jung und hat noch Zeit sich weiterzuentwickeln. Zudem scheint er seine Stimme erst noch an die Akustik des Hauses anpassen zu müssen. Rocha hat bisher nur einmal – einen Almaviva – im Haus am Ring gesungen. Gerne mehr von diesem vielversprechenden Tenor.

 Als Mustafà von extremer Spielfreude erwies sich Ildar Abdrazakov, der sichtlich mit großem Vergnügen an diese Rolle heranging. Gerne ließ er sich zu machen stimmlichen Mätzchen hinreißen, die für viele Lacher sorgten. Sehr buffonesque in seiner Darbietung – köstlich beispielsweise seine Lüsternheit beim Anblick der Italienerin – konnte man aber auch sehr deutlich Abdrazakov’s schönen Bass hören.

Die so verschmähte Elvira wurde von Aida Garifullina mit leichtem Sopran und gut sitzenden Spitzentönen gesungen während Rachel Frenkel als Zulma rollendeckend agierte.

In der Rolle des Taddeo schien Paolo Rumetz stimmlich ganz gut aufgehoben zu sein, ohne dabei aber in keinster Weise an Alfred Sramek heranzureichen, der darstellerisch da doch sehr viel mehr aus der Rolle herausholt. Rumetz bemühte sich, aber es blieb alles ein wenig steif und zu brav.

Als Haly ist bei Mihail Dogotari rein gesanglich sicher noch Luft nach oben, darstellerisch ist er mit viel Einsatz und Witz dabei.

 Jesús López-Cobos leitete das Orchester der Wiener Staatsoper mit Temperament und Esprit und bewies damit sein gutes Händchen für Rossini.

 Beim relativ kurzen aber heftigen Schlussapplaus erhielt Abdrazakov den stärksten Publikumszuspruch. Aber auch Rocha wurde mit vielen Bravos akklamiert. Ein unterhaltsamer Repertoire-Abend mit Rossini.

 Lukas Link

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