WIEN / Kammerspiele des Josefstadt:
DER LETZTE VORHANG von Maria Goos
Österreichische Erstaufführung
Premiere: 21. November 2013,
besucht wurde die Generalprobe
Seltsam – dieser Abend wirkt wie ein Gastspiel innerhalb des Josefstädter Theaterkomplexes. Wenn man sich ein Zwei-Personen-Stück hernimmt, das virtuose Darsteller verlangt, dann tut man es im allgemeinen, um Leute im Haus zu bedienen. (Hätte das Direktoren-Ehepaar nach den Rollen gegriffen, jeder hätte es absolut verständlich gefunden.) Hier aber spielt man „Der letzte Vorhang“ für zwei fernsehbekannte Darsteller, die gar keinen Josefstädter Hintergrund haben. Sei’s drum, sie sind glänzend und sie rechtfertigen den nicht sehr edlen, aber geschickt gemachten Boulevard auf angeblicher Anspruchsebene.
Sympathischer als „Das Interview“ ihres Landsmannes Theo van Gogh ist „Der letzte Vorhang“ der niederländische Autorin Maria Goos allemale. Hier ist der Psychothriller, wenn es überhaupt einer ist, wenigstens nicht auf Zerstörung, auf Provokation und Spekulation ausgelegt. Sondern einfach ein Theaterstück, das ein bisschen mit dem Theater-auf-dem-Theater-Flair spielt, das Gefühl vermittelt, dass man hinter die Kulissen schauen kann, und oft genug die Ebenen wechselt, um den Schauspielern Futter zu geben und die Spannung des Publikums aufrecht zu erhalten (wobei man sich nicht immer gleich auskennt, wo ist man jetzt, wie wahr ist das jetzt?).
Foto: Barbara Zeininger
Die erste Szene auf der Bühne wirkt so gestelzt und unecht, dass bald klar wird – da spielt eine schlechte Schauspielerin. Und Leslie Malton (unvergessen aus ihrer Zeit bei Tabori in Wien) macht das virtuos: Man muss nämlich verteufelt gut sein, um so „schlecht“ sein zu können. Sie hat diese „andere“ auch nur – ironisch – gespielt und ist dann wieder sie selbst, Lies Tinberge. „Er“ ist Richard van Berkhoven, offenbar ein großer Star als Regisseur und Darsteller und ein ziemlich unausstehliches, egoistisches Monstrum (wie man sich Regisseure und Starschauspieler eben vorstellt und wie manche von ihnen wohl auch sind). Das ist nun die Rolle für Peter Kremer, einst einer der vielen deutschen Fernsehkommissare (wenn auch nie so nachdrücklich im Bewusstsein wie der „Alte“ Ode oder der „Derrick“ Tappert). Hier darf er nun zeigen, wie gut auch er ist. Keine Frage – er hat eine reiche Palette von Tönen drauf.
Worum es geht? Da ist also Lies, einst seine große Liebe, die ihn vor auch schon ein paar Jahrzehnten verlassen hat, um ein normales Leben mit einem normalen Mann (immerhin reich genug, um Gemälde zu sammeln, Größenordnung bis Rubens) in Südfrankreich zu führen. Sie ist nun zurückgekehrt, weil Richard für seine neue Produktion schon eine Anzahl von Schauspielerinnen verschlissen hat, die nicht mit ihm arbeiten konnten, und nur Lies, die Ehemalige, offenbar immer Geliebte, seine Premiere retten kann.
Es ist Regisseur André Pohl (der in simpler Ausstattung von Armella Müller von Blon, die die Dame aber sehr hübsch macht), der dafür sorgt, dass das schwankende Schiff der verschiedenen Ebenen – sie spielen das Stück, sie spielen ihre eigene Vergangenheit, sie spielen glückliche und peinliche Szenen aus ihrem Leben, wobei er auch mal die Rolle ihres Mannes übernimmt, sie kommentieren, was sie tun und was sie getan haben – doch auf dem soliden Boden exzellenten Schauspielertheaters und gehobenen Boulevards landet.
Das Stück ist keine Offenbarung – dass er sie ruiniert hätte, sie sich gerettet hat um den Preis ihrer Karriere, die ewige Sehnsucht nach dem Theater kommt zurück, die offene Frage steht im Raum, ob sie ganz zurückkehrt… das ist eigentlich simpel. Aber es erfüllt seinen Zweck: Zwei glänzende Schauspieler, bestens geführt, sehr gutes Theater.
Renate Wagner