Frankfurt: „PHILHARMONIA ORCHESTRA- ESA-PEKKA SALONEN“ 31.05.2015
Wiederholt gab sich das Philharmonia Orchestra London in der AOF die Ehre und eröffnete sein Programm unter der Leitung von Esa-Pekka Salonen mit der „Eroica“ (Ludwig van Beethoven). Den Kopfsatz Allegro con brio nahm der finnische Dirigent ganzaktig, was mit Beethovens Metronom-Angabe übereinstimmt, ein einziges forsches Vorwärts. Doch dieser rasante Vortrag barg ungeahnte Probleme und brachte eine Reihe unüberhörbarer Dissonanzen der Streicher zutage. Nach den raschen Tutti tragen die Celli verhalten das Hauptthema vor, welches sich in freudigem Schwung ausbreitet. Mit Pathos lenkt Salonen seine Aufmerksamkeit vorab der rhetorischen Struktur der Komposition zu, der sprechenden Artikulation, dem pointierten Absetzen von Motivzellen. So weit, so gut – doch ließ der Dirigent eigenartiger Weise die Laut-Leise-Konstellationen höchst überproportioniert erschallen und störte in meinen Ohren, das musikalische Gleichgewicht, den Fluss der symphonischen Struktur erheblich.
In dosierter Harmonie vereinten sich Holzbläser mit den Instrumentalgruppen zum Marcia funebre, wohl einer der ergreifendsten Totenklage der Musikgeschichte. Was für ein Abgesang von schmerzhaft gesteigerter Ausdruckskraft, wehmütig verklingend in tiefer poetischer Schönheit. Gleich einem phantastischen Drängen und Jagen, hasten die Streicher mit den Hörnern im kurzen Scherzo dem brodelnden Untergrund, unwirklicher nächtlicher Stimmung entgegen. In Variationen von wechselndem Stimmungsgehalt leitet der Dirigent, die orchestralen Gruppierungen etwas unausgewogen ins Allegro molte – Finale, zum schwungvollen Ausklang des Werkes.
Blickt´ich umher in den Reihen: wenig rührende Hände und ratlose Gesichter. Kann sich ein Orchester dieser Größenordnung derartige Schnitzer erlauben?
Doch welche wunderbare Wandlung widerfuhr dem englischen Klangkörper nach der Pause!
Ganz in seinem Element schien sich der Finne Salonen bei seinem Landsmann Jean Sibelius zu fühlen. Die „Fünfte Symphonie“, dieses wilde, leidenschaftliche Werk wurde zum 50. Geburtstag des Komponisten in Helsinki uraufgeführt.
Versonnen, mystisch öffnet sich das Allegro moderato, schemenhaft verflüchtigen sich die Streicherelemente, gleich im Winde verwehend, wie aufgelöst in Nebelschwaden. Keck formieren sich Flöten, Klarinetten, Fagotte und Holzbläser zum gespenstigen Tanz. Fast dämpfend melden sich Bratschen und Celli zum effektvollen Tremolo und schließlich wie im Triumph beenden die wohlklingenden Posaunen den Satz.
Pizzicato-Klänge, weiche Streicher, dezente Holzbläser spiegeln im Andante mosso die Momente pastoraler Einsamkeit und Ruhe, der Seen und Wälder dieser reizvollen, nordischen Landschaft wider. Sürmisch bewegt von unbändiger Kraft, himmelstürmend im mächtigen Posaunenklang strebt das Allegro molto dem jubelnden Finale entgegen. Salonen kontrastiert dem bravourös aufspielenden Orchester nochmals in feinnerviger Transparenz diese herrliche Musik in klanglicher Akkuratesse voll aus.
Bravos und langanhaltender Beifall wurden mit der Zugabe Valse triste belohnt.
Gerhard Hoffmann