Zürich: Liederabend René Pape – 8. Juni 2015
René Pape hatte uns letztes Jahr mit seinem König Philipp begeistert, wenn auch manchem im Publikum seine eher zurückhaltende Darstellung eher kühl gelassen hatte. Stimmlich war es ein Fest gewesen. Nun war man mit grossen Erwartungen zu seinem Liederabend ins Opernhaus Zürich gepilgert und erwartete sich ein Fest. René Pape machte es sich und seinem Publikum wahrlich nicht leicht. Zu Beginn verbreitete Pape mit Beethovens Gellert-Liedzyklus „Sechs geistliche Gesänge“ nicht gerade aufhellende Atmosphäre im Haus. Allzu gleich sang Pape diese Lieder und verliess sich auf einen durchgehenden, gleichbleibenden Stimmklang. Dann folgten mit Dvoraks „Biblischen Gesängen“ – alle 10 Lieder an der Zahl und wiederum nicht gerade aufhellende Musik. Diese sang Pape, in tschechischer Sprache, man musste im halbdunklen Saal die Texte mitlesen (wer spricht denn tschechisch?), immer mit gleichtönender Stimme, wunderbar technisch beherrscht, nur allein im letzten Dvorak-Lied, wo ein tänzerischer Rhythmus Freude verheisst, erlaubte sich René Pape wohl auch ein stimmliches Lächeln…
Nach der Pause setzte sich der renommierte Bass-Bariton für die Lieder des Engländers und Zeitgenossen Benjamin Brittens von Roger Quilter (1877-1953) ein: hübsche Lieder im britischen Balladenton. Als Höhepunkt präsentierte René Pape die „Lieder und Tänze des Todes“ von Mussorgsky. Hier nun stieg Pape – wiederum in Originalsprache gesungen – ganz in die Musik und deren dramatische beklemmende Stimmung ein und fächerte endlich seine Farbenskala auf, nachdem wir ihn in nur mehr gleichem monotonen Ton gehört hatten. Kann sein, dass Pape als vornehmlicher Bühnensänger mit der grossen Ausdrucksform mehr anfangen kann als mit Liedern, wo die Ausdrucksamplitude eine andere und intimere ist. Das bedeutet aber nicht ein Weniger an Nuancierung, die aber bei den vorhergehenden Programmpunkten leider gefehlt hatte. Bedauerlicherweise sang der Sänger durchwegs aus den Noten, sogar bei den drei Zugaben (Strauss, Schumann und Ultima Canzone), was doch einigermassen befremdlich und nicht gerade der Kommunikation mit dem Publikum förderlich war. Am Flügel begleitete unauffällig und im Dienste des Sängers Camillo Radicke.
John H. Mueller