MÜNCHEN / Gärtnerplatz-Theater – „COSÌ FAN TUTTE“ – un dramma molto, molto giocoso! / Cuvilliestheater 25.06.2015
Olivier Tambosis GPT-Produktion macht Spaß, viel Spaß. Bengt Gomér hat dazu ein schlichtes, sehr praktikables Szenario geschaffen – über das Kachelmuster kann man sich streiten, jedenfalls ist es schön hell. Und geradezu genial finde ich die beiden Riesenportraits von Fiordiligi und Dorabella auf dem Zwischenvorhang, der auch mehrfach als Szenenhintergrund fungiert, was rechten Effekt macht. Zu diesem wohltuend einfachen Bühnenbild hat Carla Caminati sehr nette und dem Stück angemessene Kostüme geschaffen. Die beiden Schwestern, überwiedend in Knallrot gewandet, leuchten kräftig vor dem hellen Hintergrund. Musikalisch unterstützten Oleg Plashnikov und das gut aufgelegte GPT-Orchester das Vergnügen auf der Bühne (nur der Hornist war ein bissl indisponiert…). Am Hammerflügel betreute Anke Schwabe souverän die Rezitative.
Belkina-Schuen-Celeng-Lukas-Power-O‘Loughlin
Und nun zum jungen, enorm spielfreudigen und stimmpotenten Sänger-Ensemble: Schier verliebt habe ich mich in die Dorabella von Lena Belkina*; ein goldige Person, die mit köstlicher Gestik herrlich komische Wirkungen erzielen kann, und dazu mit einem in der Tiefe richtig sexy klingenden Mezzo mit leuchtender Höhe becirct.
Fiordiligi im Garten/Per pietà
Als Fiordiligi hatte Jennifer O’Loughlin, neben ihrer hübschen Erscheinung, stimmlich viel zu bieten. Was ihr in der „Come Scoglio“-Arie an Tiefe fehlte, kompensierte sie durch einen Extra-Höhenausflug. Ihre zweite Arie, „Per pietà“, gelang noch beeindruckender, weil sehr berührend. Mária Celeng, selbst schon eine Fiordiligi, brillierte hier, wenn man das über so eine Rolle sagen kann, als Despina in allen Belangen.
Il Tenore – Ferrando wurde von STO-Mitglied Dean Power mit hellem, klarem Tenor und viel Hingabe gesungen. Dazu hat er eine wunderbare Ader fürs Komische. Der kroatische Bariton Matija Meić, körperlich ein Kraftlackl von Guilelmo und stimmlich mit einem wirklich schönen Bariton ausgestattet, profilierte sich neben Power ebenfalls als Darsteller. Das scheinbar ach so weise Alter verkörperte Ralf Lukas als Don Alfonso, dessen Wagner-geübte Stimme hin und wieder etwas mehr Agilität vertragen hätte.
Das Finale von Dieter Dorns STO-Cosi mit seiner Beinahe-Lösung, finde ich bisher immer noch am besten. Hier gingen die beiden Paare wieder „richtig“ sortiert von dannen, erst bei den Vorhängen spielten die beiden Paare noch ein bissl Bäumchen wechsle dich…, aber da war’s schon zu spät.
Ein durch und durch heiter gestimmtes Publikum verließ nach rund 3 Stunden das Cuvilliestheater.
D. Zweipfennig
Fotos © Thomas Dashuber (Ensemble wie im Artikel, nur Schuen statt Meić)
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Große FRAGE – Warum wird der italienische Wilhem = Guglielmo bei dieser Produktion zu Guilelmo?!
Gärtnerplatztheater-Chefdramaturg Michael Otto schuf Aufklärung:
Mozart und Da Ponte schrieben den Namen ihres Bariton-Helden im Autograf zu “Così fan tutte” selbst “Guilelmo”, möglicherweise um damit Bezug auf eine amouröse Pariser Affaire der damaligen Zeit anzuspielen, in der es um einen Guillaume Kornman ging. Erst posthum wurde er dann in “Guglielmo” einitalienisiert, wie die Musikwissenschaft erst unlängst herausfand. Wir haben uns erlaubt, diesen Irrtum wieder rückgängig zu machen.
Empfehlen kann ich dazu sehr das Programmheft zu unserer “Così fan tutte”, in dem auf den neuesten Stand der Mozart-Forschung in Sachen “Così fan tutte” noch näher eingegangen wird.
Kommentar DZ: Diese Recherche beweist, dass das GPT-Team sehr fleißig im Durchforsten des historischen Cosi-Materials war. Für den Endverbraucher (= Zuschauer) ist diese Schreibweise vollkommen irrelevant. Ein Zwitter, weder richtig Französisch noch richtig Italienisch und was die Sänger singen, klingt eh wie das bekannte Guglielmo. Diese Ausgrabung mag zwar musikhistorisch interessant sein, erweckt bei besagtem Endverbraucher jedoch zunächst den Eindruck eines gewaltigen Schreibfehlers. Die Aufklärung muss er sich dann suchen, aber wozu die Mühe….
Apropos, was die Sänger singen: Wenn Dorabella singt: „Prenderó quel brunettino“ (Ich erwähle mir den Braunen), und Fiordiligi sich anschließend für den „biondino“ (den Blonden) entscheidet, hätte man hier durchaus eine Anpassung vornehmen können/sollen in „nero“ oder „nerino“, da beide alternativen Ferrando-Sänger schwarzhaarig sind….
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* Lena Belkinas Belcantoarien-CD kommt in Kürze bei Sony raus!
http://lenabelkina.com/en/