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STUTTGART: I LOMBARDI von G. Verdi

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Stuttgart: „ I LOMBARDI“ 24.11.2013

 Die traditionsreichen Konzertchöre Stuttgarter Liederkranz luden in die Liederhalle und leisteten zum Verdi-Jahr einen gehaltvollen Beitrag mit „I Lombardi“, aus der frühen Schaffensperiode des italienischen Meisterkomponisten. Dieses Werk zu inszenieren legt oft szenisch-dramaturgische Probleme dar, welche man geschickt umging und die konzertante Aufführungspraxis wählte.  Die eigenwillige verstrickte Story um Liebe, Verrat, Bruderzwist, Mord, Rache und Vergebung vor dem historischen Hintergrund des ersten Kreuzzuges, jenem umstrittenen, religiösen Fanatismus der christlichen Kirche.

Für die Rolle der Giselda dieser Sopran- Extrempartie und Vorstufe der Abigaille war Adréana Kraschewski vorgesehen, die Dame sagte ab und als Retterin in der Not sprang Agnieszka Hauzer ein, welche die Partie bereits vorab in Kiel sang. Mit voller dramatischer Wucht warf sich die junge, polnische Sängerin ins Geschehen, beeindruckte mit fulminanter Stimmtechnik, bewältigte die vertrackten Oktavsprünge des Rondo-Finale Se vano é il pregare souverän. War zwar das herbe Timbre dieser Stimme meinem Gehör nicht immer gewogen, schenkte diese Powerfrau dem Duett Teco io fuggo sowie der Soloarie In fondo all´alma mehr Wärme und vokale Farben. Mit weichem Mezzo interpretierte Carmen Mammoser die Sofia und schönstimmig erklang der Sopran Christine Reber (Viclinda).

Die Herrenriege führte ohne Zweifel mit der kultiviertesten Stimme des Abends Zurab Zurabishvili an und der georgische Spintotenor eroberte  sich mit der leider viel zu kurzen Partie des Oronte, ein weiteres Glanzlicht seines Verdi-Repertoires. Jung, frisch erklang das legatoreiche Material in unübertrefflicher Schönheit, ließ mit Stilgefühl herrliche Piani erklingen und überzeugte mit strahlendem Höhenglanz. Farblos in eigenwilliger Intonation absolvierte mit reifem Bassorgan Marcel Rosca die gewichtige Partie des Pagano. Leichtgewichtig mit sprödem Tenor gab Robert Wörle dem Arvino wenig Profil, rollendeckend fügten sich die Stimmen der Herren Thomas Wittig (Pirro, Acciano) sowie Jörg Aldag (Priore) in die musikalischen Abläufe. Berücksichtigt man die Tatsache, dass es sich bei der Chorvereinigung Liederkranz um keinen professionellen Opernchor handelt, fallen die Leistungen der immensen Chorfrequenzen umso  mehr ins Gewicht. Fehlte es dieser Gemeinschaft noch an trefflicher Diktion und Transparenz, glichen es die sehr engagierten Sänger wiederum mit bewundernswerter Klangqualität und Rhythmik besonders während der schnellen Passagen bestens aus.

Der trockenen Beton-Akustik des Beethovensaals wirkte der Dirigent Ulrich Walddörfer mit weniger knalligen Forte-Effekten  entgegen, schwelgerisch transportierten die sauber, viril aufspielenden Mitglieder des Staatsorchesters Stuttgart den Melodienreichtum der Partitur zutage und der umsichtige Kapellmeister  verstand sich zudem als sensibler Sängerbegleiter, kleine Diskrepanzen zum Chorapparat waren allerdings nicht zu überhören. Wunderschön intonierten die Solovioline (Joachim Schall) das Preludio des Finale-Terzo und imposant absolvierte Georg Oberauer die Orgelbegleitungen. Die begeisterte Zustimmung des Publikums würde mit der Wiederholung der Chorszene Gerusalem … Gerusalem belohnt.

Gerhard Hoffmann

 

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