“LA TRAVIATA” IM FESTSAAL DES AMTSHAUSES WIEN-LANDSTRASSE (30. Juni 2015)
Anabell Garfio-Méndez. Foto: Agentur Wacks
Den Weg von Anabell Garfio-Mendez habe ich durch mehrere Jahre, vom Studium aufwärts, verfolgt. Die Entwicklung, die sie genommen hat, ist bemerkenswert. Die Art, wie sie diese “Traviata” dominiert, das Publikum ab dem ersten Auftritt ganz in ihren Bann gezogen hat, war außergewöhnlich.
Ich muss gestehen, dass ich auf eine Kurzfassung der “Traviata” eingestellt war. Die Agentur Wacks als Veranstalter hat aber praktisch das gesamte Werk mit nur wenigen Strichen gespielt, dies in einem Ambiente, das nicht unbedingt für eine szenische Aufführung geeignet ist. Der Jahreszeit angemessen wurde bei Tageslicht gespielt, Lichteffekte waren überhaupt nicht möglich. Der Saal fasst meiner Schätzung nach etwa 350 Personen – und gut 300 Plätze waren besetzt. Überfordert war lediglich die Dame an der Kasse, vor der sich unmittelbar vor Beginn der Vorstellung lange Warteschlangen bildeten – was nicht sein musste.
Regisseur Alexander Uhl musste mit ganz wenigen Requisiten auskommen, bezog den Mittelgang zwischen den Zuschauerräumen reiz- und effektvoll in seine Inszenierung ein. Hier wurde das Maximum dessen erreicht, was möglich war, was übrigens auf für das kleine Orchester (Kammerensemble Austro Latin-Orchester unter Luis Carlos Munoz Segovia gilt.
José Luis Ordonez
Anabell Garfio Méndez schaffte auch die gefürchteten Koloraturen des ersten Aktes ziemlich problemlos und bot schauspielerisch eine ganz starke Leistung. Ihre Bühnen-Partner in den Hauptrollen waren Routiniers. Jose Luis Ordonez spielte seine Erfahrung voll aus und kam dadurch nie in Schwierigkeiten. Andrea Martin gestaltete seine große Szene eindringlich. Auffallend war auch die starke Bühnenpräsenz von Maria Droulou als “Flora”, die in anderen Aufführungen dieses Werks – soferne ich das in den von mir miterlebten wenigen Aufführungen der “Traviata” (nicht eben meine Lieblingsoper) beurteilen kann, noch nicht bewusst mitbekommen habe. Yoo Hwan Moon bewährte sich als fünftes Ensemblemitglied, der Name der ”Annina” wurde uns in der Ankündigung schlicht unterschlagen, die junge Dame fiel aber trotzdem positiv auf.
Fazit: Das Publikum bekam für sein Geld (Unkostenbeitrag) mehr, als es erwarten durfte, nämlich eine komplette szenische Traviata – und sparte dementsprechend nicht mit Beifall, der sich bei Anabell Garfio-Mendez zu Jubel erhob.
Anton Cupak
PS.: Ankündigung: 14. Juli im Beethovensaal am Pfarrplatz in Wien Heiligenstadt. Dort gibt es gute Heurigenlokale!