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Oper Klosterneuburg : Giuseppe Verdi RIGOLETTO Premiere

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Rigoletto und die Ceprano mitten im Trubel (Paolo Rumetz und Elisabeth Pratscher

Rigoletto und die Ceprano mitten im Trubel (Paolo Rumetz und Elisabeth Pratscher)

Oper Klosterneuburg
Giuseppe Verdi  “RIGOLETTO”
Premiere 4.Juli 2015

 

 Der hausgemachte Fluch

 

Keine Frage, dieser, von den beleseneren unter den Kritikern herbeizitierte Titel “La maledizione” – einer der ersten Versuche der beiden Autoren, Piave und Verdi, der Zensur den Wind aus den Segeln zu nehmen – diesen Fluch also in Verbindung mit den beiden jüngsten Pechserien bei Rigoletto-Premieren sowohl an der WienerStaatsoper als auch in Klosterneuburg in Verbindung zu bringen, dieser Versuch hat nichts mit schicksalsträchtigem Karma oder Aberglauben zu tun. Der Fluch ist ganz einfach ein HAUSGEMACHTER, den die Intendanz und der Künstler selbst zu verantworten haben.

Man “verleiht” nicht einen Sänger wenige Tage vor der Premiere, um anderen Orts einen bedauerlichen Ausfall aufzufangen, man riskiert als Sänger nicht seine Reputation in einem, wie man erfahren hat, schon längeren Prozeß von Stimmbandproblemen. Und einer vergessenen Theaterregel nach sollte der Darsteller der Generalprobe außer in erklärlichen Situationen auch die Premiere singen!

Bei aller Nachsicht, ein Intendant, der nach der Vorstellung nicht zugeben wollte zu wissen, dass sein Hauptdarsteller Tage vorher noch in der Staatsoper in dieser Rolle einspringend zu sehen war – und das nach, für den Sänger, kräftezehrenden Proben in  der Sommerhitze – darf sich über das Ergebnis des gestrigen Abend nicht wundern. Herr Rumetz ist für seinen Überehrgeiz zu bewundern, aber die Selbsteinschätzung seiner Kräfte hat ihm hier einen Streich gespielt und den Premierenabend einer – das kann man wohl sagen – renommierten Institution gefährdet.

Doch Schwamm drüber – oder nehmen wir die, einem der später im Libretto aus Zensurgründen aufgepappten Schlusszeile im Text Rigolettos, an der Leiche zu singen, als Schlußpointe: “O clemenza di cielo”.

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Rigoletto Nr. 2

Rigoletto Nr. 2 Nicola Mijailovic

Der äußere Aufwand spielt bei diesen Events eine große Rolle, das Bühnenbild wird gerne für die Inszenierung genommen” Dieser Satz ist einem Bericht von Frau Wagner entnommen und sagt eigentlich sehr viel aus über den Umstand, was zu einem Erfolg einer Inszenierung beiträgt. So hat sich die Kombination sparsamster Bebilderung mit wirkungsvoller Kostümierung auch hier in Klosterneuburg durchgesetzt. Ein gewisser Toto, geborener Magdeburger, war für die Ausstattung zuständig, und während für die bunten Kostümentwürfe durchaus Zeiten höfischen Prunks Pate gestanden sein mögen, wirkten die wenigen, der Renaissance zugeschriebenen Architekturteile wie eine billige Bastelvorlage. Zuerst sollte man das Original studieren, um daraus artifizielle und phantasievolle Abwandlungen schaffen zu können. Die riesigen und verschiebbaren einfachen Wände im Vordergrund hingegen waren äußerst praktikabel und sorgten für schnellen Szenenwechsel.

Von Thomas Enzingers Regie profitierten die Bewegungen des Chors und das Festgelage zu Beginn, nach dem Motto: So trieben es die alten Mantuaner; ein wenig Sodom und Besäufnis. Schön gelöst war auch die Personenverteilung im großen Quartett des letzten Aktes, welche die solistischen Einsätze gut auseinander hielt.

Das Werk wurde, wie man so schön sagt, dem Libretto entlang auf die Bühne gestellt, ohne Deutungen, ohne Konnotationen, lediglich die Darstellung der Gilda nach ihrem unfreiwilligen Besuch im Palast, angetan in Prunktoiletten ist so ein heutiger und fraglicher Aufputz. Für die Personenführung scheint nicht allzu viel Zeit übrig geblieben zu sein, manche Gesten Gilda`s und des Herzogs zählen zum unausrottbaren Repertoire der Darstellungskunst früherer Zeiten.

Durch die Teilung der Titelrolle ging natürlich viel verloren: Ein bald sehr angeschlagen und auch körperlich “angezählt” wirkender Paolo Rumetz brachte seinen Auftritt im ersten Akt mit großer Disziplin achtbar zu Ende. Überrascht war man über den Wechsel nach der Pause nicht, als Intendant Michael Garschall die Übernahme des weiteren Abends durch den kroatischen Bariton Nikola Mijailovic ankündigte. Nach einer Anlaufzeit erwies er sich als routinierter und durchschlagskräftiger Sänger, seinen hellen Bariton setzte er bei allen Möglichkeiten ein, um über die Partitur hinaus Wirkung zu erzeugen, also vor allem im Duett mit Gilda und im Finale! Der Dirigent war nachsichtig gegenüber wahrscheinlich schon seit Verdis Zeiten vorgenommenen Gepflogenheiten, die seltsamerweise keinen Eingang in Partituren oder Klavierauszüge gefunden haben, aber bis heute wegen der applaustreibenden Wirkung so gesungen werden. Natürlich nur, wenn nicht gerade ein Purist wie Riccardo Muti am Pult steht.

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Daniela Fally als heimlich Verliebte

Daniela Fally als heimlich Verliebte

Daniela Fally sang sich in die Herzen der Zuschauer mit fein ziselierten Koloraturen, gelungenen dramatischen Elementen und im Sterben mit himmlischen Phrasen. Das Ergebnis dieses schönen Debüts läßt einem jedenfalls mit großer Erwartung auf eine baldige Wiederholung dieser Partie im Haus am Ring hoffen. Dort wird sie ja doch, befreit von diesem Frisurenungetüm und befreit von den schweren Kostümen eine lockerere Darstellung zeigen können.

Mit seinem stimmlich ebenfalls tadellosen Herzog ersang sich der Phillipine Arthur Espiritu großen Erfolg. Er zeigte mit seinem gut geschulten Tenor und ohne Höhenangst, wie man die Vorgaben nach Leggerezza musikalisch umzusetzen hat.

Luciano Batinic war der gefährlich orgelnde Sparafucile, seine Schwester Maddalena, die schon in Wien bekannte Mezzosopranistin Ilseyar Khayrullova, herrlich im lockeren Gesang der verliebten Dirne. Sie stellte auch richtig dar, wie man auf der Bühne aus einer Weinflasche trinkt! Mit Bettina Schweiger stellte der Regisseur eine betulich herumnestelnde Giovanna gar köstlich auf die Bretter, Thomas Weinhappel ist der in jeglicher Hinsicht herausragende Marullo, Ievgen Orlov ein wild aufbegehrender Monterone.

Gustavo Qaresma Ramos als Borsa wird später noch zum Herzog, Elisabeth Pratscher folgt ganz willig als Gräfin Ceprano dem Herzog in den Salon und hat eine zweite Lohnsteuerkarte als Page am Hof, Sebastian Peissl als Graf Ceprano sieht das alles nicht gern!

Mit dem hauseigenen Chor und der Sinfonietta Baden verwirklichte Christoph Campestrini Verdis Partiturinhalte nach bestem Vermögen, besonders  das Quartett im vorletzten Bild.  Wir wollen, was auf diesem Wege nicht ganz zum Ausdruck kam, den Umständen des Abends und der etwas leeren Akustik des Hofes zurechnen.

 

Fazit: Das kleine Klosterneuburger Verona ist die Anreise wert, wenn zum ersten Male Verdi gespielt wird

 

Peter Skorepa
OnlineMERKER
Fotos: Lukas Beck

 

 

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