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GRAUPA/ Richard Wagner-Stätten, Schloss: BEIM PIANOFORTE-FEST MEISSEN AM KLAVIER: VARVARA NEPOMNYASHAYA

Graupa/Richard-Wagner-Stätten, Schloss: BEIM PIANOFORTE-FEST MEISSEN AM KLAVIER: VARVARA NEPOMNYASHAYA - 25.7.2015

 Die Stadt Meißen hat mehr zu bieten, als nur ihr weltberühmtes Porzellan, z. B. das sommerliche Festival „Pianoforte-Fest Meißen“, bei dem vor allem junge Pianistinnen und Pianisten an Orten in und um Meißen auftreten. In den Richard-Wagner-Stätten in Graupe gastierte die bereits international bekannte russische Pianistin Varvara Nepomnyashaya, die 2012 den 1. Preis beim Internationalen Concours Géza-Anda Zürich gewann. Bei ihrem Rezital im Schloss Graupa widmete sie sich Werken von Johannes Brahms, Robert Schumann und Modest Mussorgski.

 Einem gegenwärtig allgemeinen Trend der jüngeren Pianisten-Generation, insbesondere der russischen Schule, die noch auf Heinrich Neuhaus zurückgeht, folgend – sie begann ihr Studium in Moskau – schien ihr Klavierspiel zunächst nur für große Säle konzipiert, was in dem Festsaal mittlerer Größe und relativ guter Akustik des ehemaligen Graupaer Jagdschlosses, vor allem bei den eingangs zu Gehör gebrachten, „Variationen über ein eigenes Thema D‑Dur Nr. 1“ (op. 21) von Johannes Brahms zu einer etwas überdimensioniert erscheinenden Lautstärke führte und ihren Anschlag hart erscheinen ließ. Der Bösendorfer (Stutz-)Flügel konnte hier nur wenig von seinem berühmten Klang entfalten. Man vermisste die Schönheit der Brahms’schen Musik und ihre Verinnerlichung. Ungeachtet dessen brillierte sie mit Virtuosität, technischer Perfektion und traumwandlerischer Sicherheit.

 Bei der „Sonate Nr. 3 f‑Moll“(op. 14) von Robert Schumann griff sie zwar zunächst auch gewaltig in die Tasten, milderte aber bald ihren Anschlag und sorgte im Kontrast zum wuchtigen Fortissimo für die Entfaltung auch klangvoller, lyrischer Piano-Passagen, bei denen der Flügel seinen schönen Klang wieder entfalten konnte. Ihre Wiedergabe war sensationell, aber nur wenig persönlich und entsprach nicht unbedingt dem Romantiker Robert Schumann, obwohl sie zu Schumanns Musik, seiner Persönlichkeit und Mentalität mehr Zugang zu haben schien als vorher zu Brahms. Ungeachtet dessen hatte sie die Sonate entsprechend der Gesichtspunkte pianistischen Könnens durchdacht und differenziert ausgearbeitet. Es gab viele Klangfarben, wenn auch vorwiegend grelle und weniger leuchtende. Um ihre großartige Leistung zu erfassen, musste man sich ihr pianistisches Können in größere Räume “transponiert” vorstellen.

 Ganz in ihrem Element war sie dann bei Mussorgskys Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung.“ Hier verstand sie es, auch den geistigen Gehalt der Komposition zu vermitteln. Das Werk war ihr vertraut. Sie spielte mit angemessener Anschlagstärke und schilderte die Bilder von Mussorgskis verstorbenem Freund Viktor Hartmann in ihrem Reichtum an Klangfarben. Hier gelangen ihr sehr schöne Piano-Passagen, kontrastierend mit kräftigen Klangfarben und den teils sehr energischen „Promenaden“ zwischen den Gemälden. Hier bewies sie, dass sie die gesamte Palette ihrer pianistischen Fähigkeiten vom Pianissimo bis zum fast schmerzenden, fast dissonant wirkenden Fortissimo einsetzen kann. Es war eine großartige physische Leistung hinsichtlich Kraft-Aufwand, Konzentration, enormer Geläufigkeit der Finger und Selbstbeherrschung, aber auch eine psychische, denn sie spielte das gesamte Programm aus dem Gedächtnis.

 Hier war eine „energische“ Interpretation mit viel Virtuosität und starken Kontrasten angebracht. Bei Schumann und Brahms kann jedoch mehr Ausdrucksstärke durch sensiblen, „singenden“ Anschlag und geistiges Durchdringen erreicht werden. Dass sie das auch kann, bewies sie mit ihren beiden Zugaben, einer sanft und mild perlenden „Ballettmusik“ und dem sehr virtuos gespielten „Brahms-Walzer“, dessen Wiedergabe auch sehr gut dem Raum angepasst war.

 Ingrid Gerk

 

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