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SALZBURG/ Haus für Mozart: IPHIGÉNIE ET TAURIDE von Chr. W. Gluck mit Cecilia Bartoli als Gefühls-Laboratorium

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Salzburg/ Haus für Mozart

GLUCK’S „IPHIGÉNIE EN TAURIDE“ MIT CECILIA BARTOLI ALS GEFÜHLS-LABORATORIUM (19.8.2015)

Unbenannt
Rolando Villazon (Pylades), Cecilia Bartoli (Iphigénie), Christopher Maltman (Oreste). Foto: Monika Rittershaus

Es beginnt mit totaler Stille und Finsternis. Dann bricht ein Sturm der Gefühle los, wie man ihn bei Christoph Willibald Glucks letzter Oper „Iphigenie en Tauride“ (UA 1789) wohl noch nie erlebt hat. Cecilia Bartoli entfesselt in der Titelrolle einen solche Dichte der Emotionen, eine solche Bandbreite der vokalen Farbnuancen, dass man neuerlich von einer „Sternstunde“ der Oper sprechen kann – von einem regelrechten Belcanto-„Gefühls-Laboratorium“. Die Königin von Salzburg war heuer eindeutig die italienische Primadonna. Nach Norma von Bellini nun Glucks zweite Iphigenie ( Nr.1 ist die Iphigenie en Aulide“). Musikalisch hinreißend – mit Diego Fasolis an der Spitze der „Barocchisti“ – und als gelungenes Beispiel für die Aktualisierung eines zeitlosen Stoffes. Die Intendantin der Pfingst-Festspiele hat einmal mehr Moshe Leiser und Patrice Caurier aufgeboten. Die beiden lassen das Atriden-Stück, das die Fortsetzung der „Elektra“ zum Inhalt hat, in der Gegenwart spielen. Es geht um Krieg, Flüchtlinge und kulturelle Unterdrückung. Und die erste Szene könnte aus den aktuellen TV-Berichten über Flüchtlingslager in Kos oder Delphi stammen.

Iphigenie wird gezwungen, als Priesterin eines brutalen Herrschers zu dienen – der Österreicher Michael Kraus feiert dabei als Thoas sein eindrucksvolles stimmschönes Bariton-Salzburg-Debut. Und auch Orest (eindrucksvoll Christopher Maltmann) und Pylades (Rolando Villazon ohne „Überdruck“) sind auf höchstem Niveau besetzt. Und wenn die Adalgisa der Norma-Serie, die Mexikanerin Rebeca Olvera für die kurze Rolle der Diana aufgeboten wird, spricht das für sich. Cecilia Bartoli ist jedenfalls ein unglaubliches Phänomen. Nun ist sie drauf und dran, ein Repertoire zu erobern, das nicht zufällig zum Kernrepertoire von Maria Callas gehört hat. Sie klingt einmal wie ein dramatischer Mezzo, dann verwandelt sie sich in eine Koloratur-Spazialistin. Dennoch scheut sie die ganz großen Häuser, singt in Salzburg im „Haus für Mozart“ und überzeugt durch Stimmschönheit, Musikalität und unglaubliche Nuancen-Vielfalt. Das Publikum ist jedenfalls begeistert, Widerspruch gibt es – relativ gemäßigt – nur gegen die Aktualisierung der Handlung. Der Chor von Radiotelevisione Svizzera bringt wie das Orchester einen modernen Klang in die Produktion.

Alles in allem – Dankeschön Cecilia Bartoli!

Peter Dusek

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