Eine neue Welt: DIE MÜNCHNER PHILHARMONIKER und VALERY GERGIEV – Philharmonie 24.10.2015 – Prokofjew, Strauss, Tschaikowsky
– „Jetzt geht‘s wieder aufwärts“, sagte freudestrahlend ein junger Mann in der Pause zu seiner Begleitung. Und wie recht er hat! Nach der Post-Thielemann’schen Zeit, in der die Philharmoniker ihren warmen Samtklang zu verlieren drohten und der arme Straussianer überhaupt nicht mehr zu seinen erwünschten Wonnen kam, geht es jetzt mit Schwung in die GERGIEV-ÄRA. „Überwältigend“ lautete die Kritik des Antrittskonzertes im Münchner Merkur, und als „spirituelles Erlebnis“ bezeichnete ein anderer Rezensent dieses Konzert mit Gustav Mahlers „Auferstehungssymphonie“ am 17.9.. Bei Anton Bruckners Symphonie Nr. 4, „Romantische“ im nächsten Konzert fühlte sich Herr Braunmüller von der AZ stark an Thielemann erinnert. Das ist doch was. Und für mich persönlich bedeutet das, dass die Münchner Philharmoniker nun endlich wieder „mein Lieblingsorchester“ sein werden, wie sie es zu Thielemanns Zeiten waren, wegen ihres samtig warmen Klangbildes, das Gergiev glücklicherweise schon in so kurzer Zeit wiederbeleben und gar weiter kultivieren konnte; einer der Gründe, warum sich das Orchester gerade Gergiev als Chef ausgesucht hatte.
Die „Gergiev-Festwoche“ mit sechs Konzerten innerhalb einer Woche brachte im dritten Programm Werke Prokofjews, Strauss‘ und Tschaikowskys. Schon bei Sergej Prokofjews Auszügen aus „Romeo und Julia“ op. 64 spürte man, mit welch frisch poliertem Glanz und Elan die Philharmoniker zu Werke gingen, angetrieben durch den Super-Akku Gergiev. Die acht Kontrabässe waren immer da, aber jetzt unterlegen sie dem Gesamtklang zeitweilig einen geradezu flauschigen Grundteppich, die hohen Streicher klingen niemals scharf, wie bei modernen Sinfonieorchestern häufig, und der Ruf der Bläser der Münchner Philharmoniker ist ohnehin legendär. Ein tiefer Überwältigungsseufzer entschlüpfte mir bei Richard Strauss – endlich wieder (wie einst bei Thielemann). Nach Richard Strauss‘ „Don Juan“ op. 20 dürfen sich alle Straussianer im Laufe der Saison auf weitere Strauss-Erlebnisreisen mit Gergiev und den Philis freuen. https://www.mphil.de/
Nach der Pause Pjotr Iljitsch Tschaikowskys Symphonie Nr. 6 h-Moll op. 74, „Pathétique“. Die von Gergiev initiierten dynamischen, agogischen und emotionalen Klangzaubereien des Orchesters kann und mag ich gar nicht in ihre Einzelteile zerlegen – es war einfach grandios und mucksmäuschen still, auch noch eine ganze Weile nach dem Verklingen des letzten Tons. Das enthusiasmierte Publikum spendete mit strahlenden Gesichtern entsprechend üppigen Beifall.
Eine neue Welt ist angebrochen bei den Münchner Philharmonikern!
D. Zweipfennig
P.S. – Die böse Presse: Gergiev hat ja am und um den 15.11. Tage voller Konzerte zu niedrigsten Preisen (12,40 – 40,00) ins Leben gerufen, mit der Begründung: Jeder Münchner soll wenigstens einmal die Chance gehabt haben, die Münchner Philharmoniker zu hören. Der Chef dirigiert an jenem 15. fünf Konzerte mit unterschiedlichen Programmen, ab 11,00 alle 2 Std. eines.
In einem offenbar böswilligen Pressekommentar wurde Gergievs Aussage umgedichtet in, Gergiev habe den hohen Anspruch, jeder müsse einmal ein Konzert von ihm gehört haben…. – das stimmt zwar, aber nicht in diesem Zusammenhang. / DZ
Foto: Gergiev_Valery_Marco_Berggreve-mphil
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Verwechslung ausgeschlossen
DIE DNS DER MÜNCHNER PHILHARMONIKER (aus dem Programmheft) –
Eine Art Glaubensbekenntnis
HEUTE SCHON HUNGRIG AUF MORGEN
Wir sind offen für Neues. Die Lebendigkeit und Frische in der Pflege des symphonischen Repertoires ist unser ständiger Anspruch. Denn wer als
Orchester wachsen will, muss aufgeschlossen sein gegenüber neuen Formen musikalischer Praxis und Veranstaltungsformaten abseits gelernter Wege.
Neues entdecken und die Begeisterung fürs Alte immer wieder zu entfachen – das ist unser Auftrag. Überall in der Stadt. Und das sieht man.
AUS ZUHÖREN WIRD ERLEBEN
Wir wollen, dass jedes Konzert zu einem einzigartigen Erlebnis wird – für Sie und für uns. Einzigartigkeit beinhaltet immer auch Ecken und Kanten.
Und die sind menschlich. Erst dadurch, dass jeder Musiker seine eigene Persönlichkeit in das Orchester einbringt, entstehen Emotionen und letztlich
ein Klang, der unverwechselbar ist. Wir sind stolz auf diesen eigenen Charakter. Und das fühlt man.
BEWAHRUNG DES FEUERS STATT ANBETUNG DER ASCHE
Wir stehen zu dem, was wir sind; zu unserem Repertoire und zu unserem Klang. Manche sagen, er ist einzigartig. Fest steht: er ist in über hundert
Jahren gereift. Die legendären Uraufführungen Gustav Mahlers, eine lange Bruckner- Tradition, große Dirigentenpersönlichkeiten wie Sergiu
Celibidache – die Begeisterung für dieses historische Erbe steckt in jedem einzelnen unserer Konzerte. Und das hört man.