Bratislava: „Der Schmuck der Madonna“
im Neuen Opernhaus (Premiere 29.Mai, besuchte Vorstellung: 29.Sept. 2015)
Natalia Ushakova als Maliella und Daniel Čapkovič als Rafaele). Foto: Nationaltheater Bratislava
Die einzige Oper im Stil des Verismo von Ermanno Wolf-Ferrari (Sohn einer italienischen Mutter und eines deutschen Vaters, geboren in Venedig) wurde 1911 in Berlin uraufgeführt und daraufhin an den renommiertesten Opernhäusern der Welt mit großem Erfolg gespielt. Sie wurde zu einer der populärsten Opernwerke ihrer Zeit und geriet dennoch während der Kriegswirren des zweiten Weltkrieges in Vergessenheit.
Noch 1926 triumphierte Maria Jeritza in der Rolle der Maliella damit an der New Yorker Met und die Presse stellte die Oper damals in eine Riege mit Cavalleria Rusticana und Tosca.
An der slowakischen Nationaloper wurde nun dieses Werk unter der Leitung des österreichischen Dirigenten Friedrich Haider wiederentdeckt und in einer sensationell schönen Inszenierung mit prächtiger Besetzung auf die Bühne gebracht.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Dreieckskonflikt zwischen dem jungen Gennaro, der von seiner Mutter adoptierten Waisen Maliella und Rafaele, dem Anführer der Camorra, umgeben von klangprächtigen Volkszenen, die sich mal in ausgelassener Art, dann wieder andachtsvoll und kontemplativ bei den überwältigenden Prozessionsszenen abspielen.
Begleitet wird das farbenreiche Bühnenspiel von einem groß besetzen Orchester, welches durch außergewöhnliche Instrumente wie Gitarren, Mandolinen und Harmonika bereichert ist und unter der sorgsam geführten Hand des musikalischen Leiters und Wiederentdeckers Friedrich Haider zu ekstatischen Höhepunkten geführt wird.
Gebannt vom fliegenden Wechsel der Szenen findet sich das Publikum in einem Wechselbad der Gefühle zwischen aufbrausender Leidenschaft und todbringendem Horror wieder.
Der Regisseur Manfred Schweigkofler versetzt dabei das historisch dargestellte Neapel glaubhaft in die frühen Sechziger des zwanzigsten Jahrhunderts.
Kyungho Kim als Gennaro und Natalia Ushakova als Maliella). Foto: Nationaltheater Bratislava)
Im Mittelpunkt des Geschehens steht Natalia Ushakova als Maliella, deren feuriger und strahlender Charakter zur Projektionsfläche für die Madonnenträume der Männer wird. Sie brilliert in der als beinahe unsingbar berüchtigten Partie vom tiefen Mezzoregister bis in schwindelige Kolloraturhöhen mit jungendlich dramatisch strahlendem Sopran. Sympathisch, feurig, strahlend, dramatisch. Einfach lebensecht!
An ihrer Seite Kyungho Kim in der Rolle des jungen Gennaro mit schönem, seidenglänzendem Tenor, der die Rolle des „Muttersöhnchens“ mit geradezu berührender Naivität zu vermitteln vermag.
Im Kontrast dazu sein Rivale Daniel Čapkovič als Rafaele mit vollem, energiegeladenem Bariton, der als souveräner Verführer alle Frauenherzen höher schlagen lässt.
Denisa Šlepkovska überzeugt mit warm fließender Stimme und vermittelt mit großer Intensität die beinahe erdrückende Mutterliebe zu Gennaro, welche im krassen Gegensatz zum halsbrecherischen Freiheitswillen Maliellas steht.
Großartig besetzt auch die 27 Nebenrollen und beeindruckend schön der Chor der Slowakischen Nationaloper, welcher noch durch einen berührenden Knabenchor und die Pressburg Singers verstärkt wurde.
Alles in allem ein mehr als beeindruckender Opernabend der seinesgleichen sucht.
Ein wahres Juwel der Opernliteratur, welches man zur Zeit nur im nahen „Pressburg“ erleben kann und das mit einer Besetzung von Weltklasse!
Am Ende gab es zu Recht großen Jubel und Standing Ovations für das gesamte Team.
Reingard Platzer