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WIEN/ Konzerthaus: JUAN DIEGO FLOREZ UND PRETTY YENDE BEI “GREAT VOICES” – Elegie und Lebenslust

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Wien/ Konzerthaus: ELEGIE UND LEBENSLUST: JUAN DIEGO FLOREZ UND PRETTY YENDE BEI “GREAT VOICES” ( 10.11.2015)

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Es war ein Belcanto-Fest, bei dem die „Elegie des Lebens“ ebenso zur Geltung kam wie die pure „Lebenslust“. Juan Diego Florez hatte sich für seinen diesjährigen Wiener Auftritt bei „Great Voices“ die südafrikanische Sopranistin – seit 5 Jahren „rising star“ in der ganzen Welt – Pretty Yende als Partnerin gewünscht. Und deshalb sangen die beiden die großen Duette aus Romeo et Juliette, Lucia di Lammermoor und L’elisir d’amore sowie Arien aus denselben Werken zuzüglich  Linda di Chamounix, Manon und Sonnambula. Viel Donizetti, Bellini, Gounod bzw. Massenet, fast kein Rossini oder  gar Verdi. Puccini nur bei den Zugaben. Nicht einmal die „obligate“ Arie des Tonio aus „La fille du regiment“ kam dran – also ein Abend des Wehmuts, der Melancholie; aber alles in allem – auch ein Fest für Genießer, für philosophisch veranlagte Menschen und für Belcanto-Liebhaber ! Nehmt alles nur in allem: wunderbar!. Als Orchester stand das Symphonieorchester der Wiener Volksoper zur Verfügung, geleitet vom in Pittsburgh aufgewachsenen Christopher Franklin; einem der Lieblingspartner des aus Peru stammenden Tenors. Dafür durfte Franklin samt Volksopern-Orchester auch die Ouvertüren zu Linda di Chamounix und Don Pasquale leiten – schwungvoll, energiegeladen, hinreißend. Im Vergleich zu andren Florez-Abenden wollte allerdings die Stimmung nicht wirklich „heiß“ laufen. Lag es an der bildhübschen Partnerin, die kein echter Koloratur-Sopran sein dürfte. Die Stimme klingt in der Mittellage schön und füllig, aber die Höhe ist zu „halsig“, findet zu wenig Körperresonanz und wirkt „aufgesetzt“. Am meisten überzeugte sie als Juliette und als Adina. Mit der Leistung von  Juan Diego Florez konnte sie  nie wirklich mithalten. Der sympathische „Latin Lover“ setzt aber auch Maßstäbe, die einzigartig sind. Das Duett Lucia-Edgardo oder die große Liebeszene zwischen Romeo et Juliette habe ich – zumindest unter Fokussierung auf den Tenor – nie besser gehört. Unglaublich auch die Arie des Gennero aus „Lucrezia Borgia“ (Donizetti). Hier passt alles:  Dramatik und perfekte Phrasierung, Textgenauigkeit und idealer Stimmsitz. Und es zeichnet sich eine stimmliche Entwicklung ab, die zu „neuen Ufern“ führen dürfte. Zugegeben muss aber auch werden, dass sich Juan Diego Florez bei so viel Kraftentwicklung zweimal bei Spitzentönen  hörbar schwer tat. Das ändert aber nichts an der positiven Gesamtbilanz – Juan Diego Florez gehört zu den „Leitsternen“ der heutigen Opernszene. Das Bohéme-Duett  oder die Arie des Edgardo aus der Lucia  kann man heutzutage nicht besser hören. Insgesamt: Begeisterung ohne Siedepunkt-Überschreiten – vielleicht auch hervorgerufen durch eine Knieverletzung von Pretty Yende. Jubel, Blumen und zuletzt immerhin „standing ovations“ und drei Zugaben. Und mit La Danza von Rossini endlich auch Lebenslust pur. Für die Fans, die sich gerade für das Florez-Jugend-Projekt in Peru zusammenschließen, war’s zweifellos ein wunderbarer Abend.

Peter Dusek

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