Frankfurt: „FAZIL SAY – ORCHESTRE NATIONAL DE BELGIQUE – ANDREY BOREYKO“Konzert in der AOF 16.11.2015
Zum musikalischen Rendezvous Orient und Okzident gastierte der türkische Allround-Künstler Fazil Say, in dieser Saison „Artist in Residence“ bei Pro Arte in der Alten Oper mit dem Orchestre National de Belgique unter der Stabführung von Andrey Boreyko.
Der Konzertabend wurde mit der Eigenkomposition „Klavierkonzert Nr. 3 – Silence of Anatolia –„ von Fazil Say eröffnet. Says Tonsprache darf man kosmopolitisch nennen, seine Musik beinhaltet orientalische Ornamentik, ebenso technische Abläufe europäischer Einflüsse. Schließt man die Augen, zieht inspiriert durch diese Klänge die wunderbare, geschichtsträchtige Kulturlandschaft im Geiste vorüber und weckt Erinnerungen an frühere Reisen durch das anatolische Hochland. Diese Musik vereint elegische Lyrismen mit gewaltigen orchestralen Ausbrüchen von Becken- und Schlaginstrumenten in sehr interessanter Kombination.
In pianistischem Können meißelt Fazil Say Bilder, Skulpturen, Atmosphären , improvisiert traditionelle, landestypische Themen mit westlich-avantgardistischen Elementen – einfach genial.
Im Anschluss interpretierte Fazil Say das „G-dur Klavierkonzert“ von Maurice Ravel, entlockte dem Flügel silbern schimmernde Akkorde, leicht im Anschlag, farbig nuanciert setzt Say mehr auf Nonchalance als kraftvolle Gewichtigkeit. Sein Spiel wirkt nie extrem, weder bei den Tempi noch der Dynamik, stets werden die impressionistischen Klangfarben vordergründig beleuchtet. Zart, andächtig erklang das Adagio assai als wäre es von „Bach“ komponiert.
Stets im Einklang mit dem Solisten begleitete Andrey Boreyko mit dem ausgezeichnet musizierenden Orchestre National de Belgique in ziseliertem, kongenialen Zusammenspiel.
Das Publikum war begeistert und wurde mit Fays Komposition „Sari gelin“ hinreißend rhythmisch interpretiert, belohnt.
Als orientalische Konzertmusik schlechthin dürfte „Scheherazade“ von Nicolai Rimsky-Korsakow gelten, diese Komposition welche in ihrem Sujet entsprechend, exotisch wie luxuriös klingt, erhielt in der Sichtweise von Andrey Boreyko die golden schimmernden, funkelnden orchestralen Nuancen. Weiträumig plastisch in instrumentaler Pracht wurden die vier Episoden aus „1001 Nacht“ orchestral erzählt, weich, schwelgerisch in feinen Farbschattierungen musiziert und gegensätzlich äußerst differenziert während der schroffen, dynamischen Kontraste dargeboten.
Mit Liebe zum Detail charakterisierte Boreyko mit dem bestens disponierten Orchester die erzählten Märchen von Sindbad, dem Prinzen Kalender etc. Wild, sanft, plastisch, geschmeidig, instrumental vortrefflich ausbalanciert erklingen die musikalischen Stories der Fabulantin. Energiegeladen wirken die Fortissimo welche den ungestümen, unterbrechenden Zorn des Sultans widerspiegeln, virtuos im orchestralen Wechselspiel des gesamten Klangkörpers illustriert.
Herzlich mit Bravos feierte man die belgischen Gäste, welche sich wiederum mit dem duftig, schwungvoll musizierten „Blumenwalzer“ (Tschaikowsky) revanchierten.
Gerhard Hoffmann