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MIA MADRE

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FilmCover  Mia Madre~1

Ab 20. November 2015 in den österreichischen Kinos
MIA MADRE
Italien / 2015
Drehbuch und Regie: Nanni Moretti
Mit: Margherita Buy, John Turturro, Nanni Moretti, Giulia Lazzarini u.a.

Die Erkenntnis ist so tragisch wie simpel zugleich: Wir führen zwei Leben nebeneinander, das private und das Berufsleben, und wie schmerzlich können sich diese stören! Regisseur Nanni Moretti, hoch geschätzt und hoch dekoriert (wenn auch sein letzter Film, „Habemus Papam“, gröblich überschätzt wurde), hat, wie es heißt, in „Mia Madre“ eigene Erfahrungen verarbeitet – seine Mutter verstarb während der Dreharbeiten zu seinem letzten Film. Sich auf eine schwere Arbeit konzentrieren zu müssen, während es einem das Herz zerreißt, dem Sterben eines geliebten Menschen zuzusehen – das erlegt Moretti nun in „Mia Madre“ seiner Hauptfigur auf. In Cannes, wo Moretti den Film heuer vorstellte, gab es keinen Hauptpreis, aber zumindest den Preis der ökumenischen Jury.

Margherita ist Filmregisseurin und gewiß eine renommierte, sonst würde sie nicht ein so großes Projekt wie „Noi Siamo Qui“ realisieren, ein Film über Arbeiterstreik und gegenwärtige soziale Nöte. Dazu fliegt man für die Rolle des miesen Chefs sogar einen Hollywood-Star namens Barry Huggins ein, und wo John Turturro ist, da gibt es auch komödiantische Glanzlichter. Denn dieser Star ist nicht so gut, wie er glaubt, ist eitel und selbstbezogen und auch eher dumm, kann die paar Sätze auf Italienisch, die man ihm eintrichtert, kaum liefern, muss ununterbrochen umschmeichelt, bearbeitet und korrigiert werden und gibt allen dennoch das Gefühl, dass er sich hier eigentlich herablässt…

Diese Margherita hätte schon mehr als genug zu tragen, wenn sie nur ihren Film inszenierte (und da auch noch mit ihren Mitarbeitern, deren Zweifeln, Widerständen und Egos umgehen muss). Aber man erlebt zu Beginn des Films zusätzlich, dass sie ihren Liebhaber wegschickt, also in ihrem Leben als Frau allein ist. Der entfremdete Exgatte bringt ihr die Tochter Livia (Beatrice Mancini), ein ziemlich unlustiges Schulmädchen. Ja, und nebenbei liegt noch die Mutter im Spital, und die Ärztin versucht Margherita und ihrem Bruder Giovanni klar zu machen, dass es nicht mehr lange dauern kann…

Man sieht also dieser Mutter Ada (Giulia Lazzarini, verhältnismäßig diskret, wenn man bedenkt, wie schrill eine sterbende Mutter ausfallen könnte) beim Sterben zu, wenn ihr Leben auf verschiedenen Ebenen doch immer noch langsam weitergeht. Szenen im Spital, Besuche, dann wieder zuhause – das umfasst verschiedene, sorgfältig nachgezeichnete Stadien und ist nicht leicht zu verkraften, nicht nur für Margherita und ihren Bruder, sondern auch für den Kinobesucher.

Diesen Bruder, der sich aus seinem Beruf zurückzieht, um die Mutter dauernd betreuen zu können, spielt Nanni Moretti selbst, und es wird klar, dass in ihm die ganze Gefühlstiefe wohnt, die Margherita in sich selbst vermisst, was wiederum zu ganz schönen Selbstvorwürfen führt…

Immer wieder verschränkt sich, wie das Leben so ist, das Berufliche und Private, aber es kommen auch noch Träume dazu, Angstträume, die man als Publikum dann erst später als solche identifiziert, und letztendlilch fließt der Film (da kann John Turturro nichts dagegen tun) wie eine Welle der Schmerzlichkeit über den Zuschauer hinweg.

Besonders, weil man mit der ruhigen, um ihre Fassung so bemühten Margherita mitleidet, eine Meisterleistung von Margherita Buy (die für diese Rolle mehrere große Darsteller-Preise gewonnen hat), die zeigt, wie schön und souverän eine Frau um 50 sein kann – und wie schwer das Leben ist…

Renate Wagner

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