MÜNCHEN / Bayer. Staatsoper / Mozarts COSI FAN TUTTE mit einem vor jugendlichem Überschwang nur so sprühenden Ensemble – 22.11.15
Dieter Dorns Così fan tutte ist eine der plausibelsten und schönsten Produktionen dieser verzwickten Oper und eine der besten, wenn nicht die beste Opernregie des Schauspielregisseurs Dorn. Im ganz schlicht-schönen und enorm praktischen Bühnenbild von Jürgen Rose kommt beim Vorhangöffnen beim Zuschauer gleich eine angenehm heimelige Atmosphäre auf, auch Dank der Beleuchtung von Max Keller. Obwohl die Premiere (seinerzeit mit der jungen Amanda Roocroft als alle becircende Teenager-Fiordiligi) nun schon 22 Jahre zurückliegt (man glaubt es kaum), ist diese Produktion immer noch frisch wie am ersten Tag.
Diese Frische resultiert vor allen aus dem jungen Sängerensemble in der gegenwärtigen Wiederaufnahme, ebenso jung wie die Premieren-Interpreten 93.
Und grad munter ging es zu, wie man auf diesem Foto (© Wilfried Hösl) unschwer erkennen kann – von Links: Paolo Fanale (Ferrando), Angela Brower (Dorabella), Michael Nagy (Guglielmo), Golda Schultz (Fiordiligi)- Fotogalerie s.u. >
Drei aus dem Opernstudio der STO hervorgegangene Damen, alle schon ein gutes Stück auf der Karriereleiter nach oben gewandert, bildeten die Grundwürze für dieses Bühnenfest: Die Königin des Abends war eindeutig Golda Schultz als umwerfende Fiordiligi (entsprechend honoriert vom Publikum). Die Südafrikanerin hat ein unverwechselbar edles Timbre, samtig cremig könnte man sagen, und durch alle Register weich und ohne jegliche Brüche. Golda Schultz wurde ja bei den diesjährigen Salzburger Festspielen für ihre Rosenkavalier-Sophie von der Kritik regelrecht in den Himmel gehoben. Zu Recht, denn mit dieser Fiordiligi (eine „göttliche“ Come scoglio-Arie!), einer vom Stimmumfang her geradezu mörderischen Partie, ist sie schon in der obersten Opernsänger-Qualitätsstufe angekommen. Von dieser Stimme möchte man mehr, mehr, mehr. Von ihren kommenden Terminen sind Liù im März und Micaëla im Mai Termine, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
Angela Browers Dorabella harmonierte im Duett mit Schultz wunderbar; wenn sie allerdings einmal voll aufmachte, erschien mir die Stimme auf dem Weg zu Dramatischerem (Charlotte) etwas an lyrischer Weichheit verloren zu haben. Dritte im Bunde war Tara Erraught, die auch schon als Dorabella zu hören war. Jetzt hat sie sich mit Volleinsatz und schön timbriertem lyrischen Mezzo auf die Despina gestürzt – ein Wonneproppen!
Und die Herren? Der kernige lyrische Tenor Paolo Fanale, der im Juni auch mit dem Gärtnerplatztheater-Ensemble als Ferrando zu erleben war, erweist sich als den Damen würdiger Tenor. Ab und zu verengte sich die Stimme kurzzeitig beim Übergang in die Höhe, das sollte aber noch reparabel sein. Michael Nagy, von der Presse allenthalben gelobt, gab einen stimmlich soliden Guglielmo, der in seiner Arie endlich etwas mehr von seinem Potenzial zeigte. Und als Don Alfonso brillierte Christopher Maltman nach allen Regeln der Kunst; endlich mal kein dem Greisenalter naher Strippenzieher.
Und dann durfte man sich auch noch über den Dirigenten freuen: Constantin Trinks. Von seinem Schwanda in Dresden hatte ich Trinks in allerbester Erinnerung und erhoffte mir nach Boltons historisierenden Mozarten endlich einmal wieder einen etwas zupackenderen. Die Hoffnung trog nicht. Im Januar wird er Strauss‘ Arabella dirigieren, da sollte man vielleicht hingehen.
Ein enthusiasmiertes Publikum feierte das gesamte, zum Schluss wieder fröhliche Ensemble, besonders aber die „Königin des Abends“ (G. Sch.) und den Dirigenten.
Doro Zweipfennig
Fotogalerie auf Facebook, auch mit einem lustigen Probenfoto >
http://www.harrisonparrott.com/artist/profile/golda-schultz