WIEN / MuTh Konzertsaal der Wiener Sängerknaben:
ADVENTKONZERT der FREUNDE der WIENER STAATSOPER
29. November 2015
Das Unternehmen hat Tradition: Zum 21. Mal baten die Freunde der Wiener Staatsoper zu ihrem Adventkonzert, ein Benefiz-Unternehmen, bei dem die Mitwirkenden unentgeltlich dabei sind und das Publikum – hoffentlich – gerne zahlt. Heuer ging der Erlös an „Die Sonneninsel“, ein Projekt der Kinderkrebshilfe.
Unter Musikfreunden ist dieses Konzert zu Adventbeginn etabliert, es war kaum ein Sitz in dem so ansprechenden Konzertsaal der Sängerknaben (man sitzt dort so gut!) frei. Aber man bekam auch etwas geboten – vier in Wien bekannte Sänger, dreimal Staatsoper, einmal Volksoper, dazu Andrea Jonasson als strahlenden Aufputz für besinnliche Texte und schließlich, Kinder wirken immer, den Mozart Knabenchor Wien (geleitet von Mag. Peter Lang). Und in dem bunten Programm hatte man sogar noch die Uraufführung eines Liedes von Albin Fries eingebaut, und dergleichen schmückt enorm (zumal, wenn es letztlich so tonal ist wie hier).
Paolo Rúmetz (der, wie man hörte, an diesem Tag auch Geburtstag hatte) durfte das Programm mit einer ungemein lebhaften Rossini-Figaro-Arie beginnen und beendete den ersten Teil mit der nicht minder temperamentvoll vorgetragenen Arie der Gerard – zwei Rollen, die man ihn in Wien nicht singen lässt. Er wird an der Staatsoper wirklich unter seinem Wert gehandelt.
Ähnlich wirkungsvoll stellte sich Volksopern-Liebling Jörg Schneider ein, dem „Il mio tesoro“ hier besser gelang als neulich in der Volksoper und der als Zarewitsch tragisches Operettenschmalz vergoldete. Das ist eine sehr schön timbrierte, kräftige Tenorstimme mit strahlenden Spitzentönen, in der sich Kunstfertigkeit und Effektsicherheit vereinen.
Ildiko Raimondi (neuerdings auch Professorin am Mozarteum, wie man erfuhr) hatte im ersten Teil Giuseppe Giordanis verhaltenes „Caro mio ben“ gewählt, kam aber dann mit Puccinis Lauretta zur Geltung, während Stephanie Houtzeel hier mit Händel und dem Seria-Mozart nicht so mühelos punkten konnte. Dafür sangen die beiden Damen im zweiten Teil, der dann durchgehend weihnachtlich gestimmt war, sehr schön den „Abendsegen“ aus „Hänsel und Gretel“. Ildiko Raimondi interpretiert noch „Weihnacht“ von Albin Fries (sehr hoch gelegen, gemäßigte Moderne mit einigem Stimmungsgehalt) und Stephanie Houtzeel sang, auf der Flöte begleitet von ihrem Gatten Charles Brink, noch eine deutsche Arie von Händel.
Dass, was so leicht klingt, gar nicht so leicht ist – nämlich eine Stilfrage erster Ordnung -, zeigte sich bei den Versuchen von Paolo Rúmetz und Jörg Schneider, wie Bing Crosby („White Christmas“) oder Harry Belafonte („Mary’s Boy Child“) zu klingen, was sie mit mehr Humor als echter Neigung zum süffigen amerikanischen Kitsch versuchten.
Sie alle wurden von Kristin Okerlund am Klavier begleitet, und der Mozart Knabenchor Wien räumte ab, was immer er auch sang.
Andrea Jonasson muss nicht singen, ihre unverwechselbare, melodiöse Stimme nimmt es mit jedermann auf, und man empfand es als besonders reizvoll, dass sie unter den weihnachtlichen Gedichten und Stimmungsbildern auch aus ihrer eigenen Kindheit erzählt – als ihr Vater ihr und ihren beiden Schwestern im Wald drei Weihnachtsbäume entzündete… (mit Kerzen und Wunderkerzen, nicht abgefackelt!).
Apropos Humor: Es wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es für den letzten Programmpunkt, John Lennons „So this is Christmas“, keine ausreichenden Proben gegeben hatte. So sah man vier hoch erfahrene Sänger, die sich an ihren Noten festklammerten und gewissermaßen durch diesen Song segelten. Aber was soll’s – Advent muss ja nicht nur besinnlich sein. Man wird ja auch noch lächeln dürfen.
Renate Wagner