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DRESDEN/ Frauenkirche: ZDF-ADVENTSKONZERT – Runnicles, Yoncheva & Pisaroni

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Dresden/Frauenkirche: „ZDF-ADVENTSKONZERT“ – 28.11.2015

In diesem Jahr feierte die Dresdner Frauenkirche ihr 10jähriges Bestehen seit der Wiedereinweihung (31.10.). Auf eine ebenso lange Tradition kann auch das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) in Kooperation mit der Stiftung Frauenkirche auf seine jährlich stattfindenden „Adventskonzerte“ mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dem Sächsischen Staatsopernchor und prominenten Solisten, die traditionsgemäß am 1. Advent ausgestrahlt werden, zurückblicken. Seit 2012 wird das Konzert auch als Public Viewing auf den Platz vor der Frauenkirche, den Dresdner Neumarkt, übertragen. Da der Besucheransturm immer sehr groß, die Anzahl der Plätze aber wegen der notwendigen Übertragungstechnik reduziert ist, können die Dresdner und Gäste der Stadt, die keinen Platz in der Frauenkirche gefunden haben, die „Adventliche Festmusik aus Dresden“, die „Kraft und Hoffnung gibt“, wie einleitend in der Moderation gesagt wurde, trotzdem unmittelbar im Anblick der  Frauenkirche (wenn auch nur von außen) live miterleben.

Mit dem Eingangschor „Jauchzet, frohlocket“ aus der 1. Kantate des „Weihnachtsoratoriums“ von Johann Sebastian Bach sorgten der Sächsische Staatsopernchor und die Sächsische Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Donald Runnicles für eine erwartungsfrohe Einstimmung.

Mühelos und kraftvoll, mit guter Technik und keinerlei Problemen, auch nicht bei den „Verzierungen“, aber wenig „Schmelz“ in der Stimme ließ der, in Venezuela geborene, in Wien lebende und an deutschen Opernhäusern singende, italienische Bassbariton Luca Pisaroni (Schwiegersohn von Thomas Hampson) die oft gefürchtete Bass-Arie „Großer Herr, o starker König“ aus dem „Weihnachtsoratorium“ hören und später in gleicher Weise „Gott sei mir gnädig“ aus dem Oratorium „Paulus“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Es stimmte alles, jeder Ton, die Diktion, die Phrasierung, die Verzierungen, nur hätte man sich gern etwas mehr Geschmeidigkeit in der Stimme und persönliche Anteilnahme gewünscht.

Die hatte Sonya Yoncheva in reichem Maße. Mit sehr schöner, klangvoller Stimme – ganz besonders in der Höhe, warmem Timbre und sehr viel Feingefühl sang sie ein „Weihnachtslied“ von Carl Maria von Weber (Orchestrierung: Joachim Draheim), sehr stimmungsvoll und noch lange nachklingend. Sie hatte ganz den Charakter dieser Musik erfasst und ließ die „Seele mitschwingen“. Ebenso einfühlsam und synchron stimmte der Staatsopernchor (Einstudierung: Jörn Hinnerk Andresen), der anschließend das „Sanctus“ aus der „Freischützmesse“ von Weber zusammen mit der Staatskapelle in weihevoller Interpretation  beisteuerte, ein und nahm die Intentionen der Solistin auf, um sie ergänzend fortzuführen.

Das von der Staatskapelle mit sehr feinsinnigem Klang unterstützte und mit einem schönen Cellosolo eingeleitete „Repentir(O göttliche Erlöser) von Charles Gounod wurde durch Sonya Yoncheva zum atemberaubenden Höhepunkt des Adventskonzertes. Sie verstand es, ihre große, klangvolle Opernstimme ganz dem Anlass und den gesungenen Kompositionen anzupassen, um mit einer Spannbreite von leidenschaftlichem Ausdruck bis zum feinen Piano die beiden Stücke zu Gehör zu bringen. Sie identifizierte sich mit der Musik des 19. Jh., die sie mit viel Seele und Leidenschaft in der Stimme wiedergab und damit Glanzpunkte setzte.

Der Organist der Frauenkirche, Samuel Kummer, steuerte an der großen Orgel von Kern jun. im (rekonstruierten) Orgelprospekt der einstigen Silbermann-Orgel eine eigene, hörenswerte Orgelimprovisation zu dem, in Ostpreußen entstandenen, Kirchenlied aus dem 17. Jh. „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ bei.

Der Dresdner Kreuzchor eilte aus der Kreuzkirche herbei, wo er die alljährliche Adventsvesper, die aus der Dresdner Weihnachtstradition nicht wegzudenken ist, gestaltet hatte, um unter der Leitung von Peter Kopp mit viel Einfühlungsvermögen und innerhalb des Chores sehr gut abgestimmt, das Adventslied „Es kommt ein Schiff geladen“ im Chorsatz von Max Reger und  „Uns ist ein Kind geboren“ von Samuel Seidel in höchster Qualität und feinster Abstimmung von der Empore zu singen.

Die Sächsische Staatskapelle steuerte außerdem unter Runnicles Leitung die „Ouvertüre“ zu „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck bei, stimmungsvoll und sich immer mehr steigernd bis zum turbulenten ausgelassenen Tanz, der die Freude der erlösten „Pfefferkuchen-Kinder“ vorwegnimmt, wobei sich aber auch der Vergleich mit dem Ausloten der Partitur bei den „Hänsel-und-Gretel“-Aufführungen an der Wiener Staatsoper, mit denen Christian Thielemann jetzt Maßstäbe gesetzt hat, aufdrängt. Runnicles hatte eine ganz andere Lesart. Er hatte diese Ouvertüre wie für eine der „großen Opern“ angelegt.

Zum festlichen Finale fanden sich alle Ausführenden zu Georg Friedrich Händels „Tochter Zion“ (in einem Arrangement von Jarkko Riihimäki) zusammen. Nicht ohne Grund gab Runnicles während des Schlussapplauses eine weiße Rose aus seinem Riesen-Strauss symbolisch dem 1. Konzertmeister der Sächsischen Staatskapelle, die das verbindende, äußerst zuverlässige und besonders klangschöne Element dieses Adventskonzertes bildete.

Ingrid Gerk

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