Baden-Baden: „JANINE JANSEN-DIE DEUTSCHE
KAMMERPHILHARMONIE BREMEN-
PAAVO JÄRVI“ 12.12.2015
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Eine der renommiertesten Geigerinnen der Gegenwart Janine Jansen gab sich wiederum im Festspielhaus die Ehre und brachte das „Violinkonzert“ von Ludwig van Beethoven zu Gehör.
Die niederländische Solistin hat das Feeling zur Melodie, ihr Beethoven singt und fließt, Jansen scheint es zu genießen, die feinen Linien auszukosten. Die Violine erzählt, gestikuliert, die Kadenzen (Fritz Kreisler) des Allegro ma non troppo wirken emphatisch, dann wieder traumhaft elegisch. Melancholisch, touchant erschien mir die Bogenführung im Larghetto, symbolisiert in feinsten Schattierungen, sehr bewegt erklangen die tonmalerischen Empfindungen und die zarten Übergänge. Im Rondo gewährte Frau Jansen prägnant klare Einblicke in ihre variable Kunstfertigkeit und ihre technische Brillanz, den unbezähmbaren Gestaltungswillen gleichwohl in den lyrischen Bereichen oder den elektrisierenden Ausbrüchen mit der begleitenden Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter der subtilen Stabführung von Paavo Järvi, welche stets in engem Kontakt mit der Solistin, in nahtloser Feinabstimmung musizierte.
Für die herzliche Zustimmung des Publikums bedankte sich Janine Jansen mit „Sarabande“ aus Bach´s D-moll Partita.
Ganz im Geiste der Spätromantik erklang die „Vierte Symphonie“ von Johannes Brahms.
Diese letzte Symphonie des bedeutenden Komponisten unterscheidet sich im Merkmal von ihren drei Vorgängerinnen durch die Ausdrucksweise vergangener Jahrhunderte. Uralte Kirchentonarten leben in ihrer Melodik wieder auf: mittelalterliche Färbungen, barocke Formen der Chaconne etc.
Ohne große Einleitung beginnt das Allegro non assai, das Hauptthema des ersten Satzes und offenbart bereits die klare, durchsichtige Instrumentationskunst des genialen Tonsetzers. Kanonartig , echohaft im Frage-und Antwortspiel malen die Holzbläser mit den Hörnern Harmonien, Bässe und tiefe Streicher übernehmen Fundament und rhythmische Auflockerung. Paavo Järvi´s Brahms klingt eher zurückhaltend und ohne jegliche Schärfe, die Symphonie erstrahlt in herbstlichen Farben, in sämigem Streicherklang und leicht abgedunkeltem Bläsertimbre. Ohne jedoch beckmesserisch zu erscheinen, kleine orchestrale Unebenheiten zu Beginn waren kaum zu überhören.
Das Andante moderato klingt wie eine Ballade, wenn das Horn das von altertümlichen Harmonien getragene Thema einleitet, ein Bardenlied. Die Celli spinnen es seltsam fort, die Violinen begleiten mit geheimnisvollen Figuren, es schwillt an mächtig packend, sinkt wieder zurück und verhallt wie im Nebel der Zeit.
Herrlich ertönt das Presto giocoso einem Scherzo, wie Brahms keines wieder schrieb und enthüllt eine Seite seines Wesens, die sonst nirgends in seinen Symphonien zum Durchbruch kommt. Wilder Humor, sprunghafte Verläufe voll leidenschaftlicher Spannungen werden von den hellen Bläsern in grellsten Farben gemalt. Das Orchester jubelt, schreit, stöhnt, es flüstert, wird träumerisch versonnen und schäumt im jagenden Presto wild auf. Vortrefflich führt Järvi die Kammerphilharmonie voll Schwung und Spannung durch die Partitur.
Mit der Barockform der Chaconne, die in den Sonatensatz des Allegro energico eingeschmolzen wird, krönt Brahms dieses Finale, seines symphonischen Schaffens. In handwerklichem Können verschmelzen Dirigent und Orchester in den tonalen Variationen dieses Finalsatzes. Aus der Abgeklärtheit, aus dem Ernst, aus dem düster leidenschaftlichen Pathos einiger Partien, vernehmen wir die Stimme eines Menschen, berührt unser Herz die Mahnung, dass alles auf Erden vergänglich ist. Dynamisch bewegt, voll thematischer Kraft lässt das Instrumentarium dieses Werk in klassischer Gestaltungsform ausklingen.
Mit begeisterter, langanhaltender Zustimmung des Publikums wurden die Gäste aus dem Norden bedankt, welche sich wiederum großzügig, mit zwei vortrefflich ausmusizierten „Ungarischen Tänzen Nr. 3 + 10“ revanchierten.
Gerhard Hoffmann