Quantcast
Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208

MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: GÖTTERDÄMMERUNG – Wagner-Fest dank Petrenko

München: Bayerische Staatsoper: „Götterdämmerung“, Wagner-Fest dank Petrenko, 13.12.2015

Image may be NSFW.
Clik here to view.
lang

Petra Lang (Brünnhilde) Foto: © Wilfried Hösl

In diesem vierten und letzten Teil des Rings des Nibelungen hat Andreas Kriegenburg sein Konzept des „kollektiven Erzählens“ das im Rheingold und in Siegfried zu ganz wunderbaren Bildern geführt hatte, verlassen und ziemlich tief in die Mottenkiste des Regietheaters gegriffen. Das Ergebnis: ein zwischen Atomkatastrophe und Kapitalismusschelte mit dem Holzhammer angesiedelte Aufführung, die den Namen Interpretation nicht verdient hat. Kein Konzept, tut aber auch niemandem weh. Im Gedächtnis bleiben die Nornenszene als Endzeitmetapher mit Dekontaminierungs-Dusche und traumatisierten Menschen, an denen die Nornen ihr Seil befestigen. Und Siegfrieds Rheinfahrt, hier wird das ursprüngliche Regie-Konzept wieder sichtbar: der Rhein wird von einem Bewegungschor dargestellt, Siegfried im Nachen schwingt fröhlich das Ruder. Und ganz am Ende ein Ring aus weißgekleideten Menschen, der sich zum Erlösungsmotiv schützend um die überlebende Gutrune bildet.

Musikalisch war der Abend eine Wucht, vor allem dank Kirill Petrenko, allerdings mit Luft nach oben für manchen Sänger. Lance Ryan als Siegfried war zwar optisch die Inkarnation des Wagner-Helden, seine Stimme klang aber leider meist trocken, blechern und wenig intonationssicher. Die Höhen kamen ganz ordentlich und kurz vor seinem Tod ließ er die Stimmmuskeln noch mal so richtig spielen: das hohe C beim „Hoihe“ im 3. Aufzug hielt er fast unverschämt lange, obwohl Wagner auf dem Ton keine Fermate notiert hat. Die Waldvogel-Erzählung legte er als Parodie im Falsett an, was nicht sehr schön klang. Siegfrieds letzter Gruß an Brünnhilde gelang ihm dann wieder sehr ergreifend. Als Darsteller konnte er sehr wohl überzeugen, auch wenn er hier ebenfalls manchmal des Guten zuviel gab, wenn er beispielsweise während der Begegnung mit den Rheintöchtern die ganze Zeit über versucht, seinen in einer Schnapsflasche steckenden Finger zu befreien.

Seine Partnerin als Brünnhilde war Petra Lang. Sie hat eine kräftige, aber farblose Mittellage und die exponierten Töne kamen sehr schrill. Fast meinte man, eine Ortrud zu hören. Das unvorteilhafte weiße Kleid (Kostüme: Andrea Schraad) ließ sie älter aussehen, als sie ist.

Die relativ undankbare Rolle des Gunter war mit Markus Eiche aus dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper hervorragend besetzt. Er verkörperte diesen schmierigen, schwachen Charakter mit seinem wundervoll wandelbaren, eigentlich viel zu noblen Bariton. Hans-Peter Königs Hagen konnte ebenfalls auf der Haben-Seite dieser Vorstellung verbucht werden: er gab dem Hagen eine meist leise, gefährliche Ruhe, hatte aber auch die Kraft für die Mannen-Rufe, gegen das Fortissimo der Hörner, ohne je die Gesangslinie zu verlassen. Etwas mehr Bassschwärze hätte ich mir für ihn noch gewünscht. Der Alberich Christopher Purves sang seinen kurzen, aber spannenden Auftritt ganz ordentlich, allerdings war zeitweise nicht ganz klar in welcher Sprache. Die Besetzung der restlichen Frauenrollen ließ kaum Wünsche offen: Okka von der Damerau als 1. Norn und Floßhilde ließ ihren warmen farbenreichen Mezzo strömen, Michaela Schuster hatte als verzweifelte Waltraute ihren Auftritt, Anna Gabler als 3. Norn und als Gutrune sehr schön phrasierend und nie schrill. Eri Nakamura als Woglinde und Angela Brower als Wellgunde sind Luxusbesetzungen aus dem Ensemble, Helena Zubanovitch als 2. Norn vervollständigte das Nornentrio.

Der Star des Abends stand im Orchestergraben: Kirill Petrenko. Da saß jeder Einsatz. Glasklar und präzise war von Anfang an der Untergang der Götter vorgezeichnet. Auch wenn er es richtig krachen ließ, wurde die Musik nie breiig, sondern immer transparent und mit klar gezeichneten Stimmen. Die Tempi zügig, ohne Pathos, spannend das Ganze. Wunderbar leise und sich dann langsam zum Fortissimo steigernd das Orchester und der hervorragende Chor im zweiten Aufzug (Heil dir, Gunther). Trotz der durchwachsenen Sängerleistung wurde der Abend so dank Petrenko zum Wagner-Fest.

Susanne Kittel-May

Diese Seite drucken


Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208