München: Bayerische Staatsoper: „LA BOHÈME“, 05.01.2016
Mit der Aufführung am 05.01. ging eine kleine Serie von „La Bohème“ in der über 45 Jahre alten Inszenierung von Otto Schenk zu Ende. Es macht immer wieder Freude, die gekonnte Personenregie, die auch nach so langer Zeit noch spürbar ist, sowie das geschmackvolle und wunderschöne Bühnenbild von Rudolf Heinrich zu erleben. Auch in dieser Aufführung applaudierte das Publikum beim Aufgehen des Vorhangs über dem Café Momus und der winterlichen Szene des dritten Bildes. Die Sänger hatten ebenfalls sichtlich Spaß an ihren Rollen. Dmytro Popov war als Rodolfo ein jugendlicher, zärtlicher Liebhaber, der mit seinem substanzreichen, in der Höhe strahlenden Tenor überzeugte. Leider wurde er gerade bei „Che gelida manina“ vom Orchester beinahe zugedeckt. Rodolfos Künstlerfreunde waren an diesem Abend Andrea Borghini als Schaunard, Goran Jurić als Colline (sehr schöne „Mantelarie“) und Markus Eiche als Marcello. Mit seinem engagierten, sympathischen Spiel und seinem noblen, ausdrucksvollen Gesang war er ein ebenbürtiger Partner für Rodolfo. Auch harmonierte er sehr gut mit Joyce El-Khoury als Musetta. Die im Libanon geborene, kanadische Sopranistin hatte ein elegantes Auftreten und begeisterte sowohl ihren Marcello als auch das Publikum mit ihrer wirklich verführerisch klingenden Stimme. Kristin Lewis, die weltweit vor allem als Aida bekannt ist und in dieser Partie auch in der Saison 2008/2009 an der Bayerischen Staatsoper debutiert hat, war die Mimì des Abends. Ihre Mimí war eine eher intellektuell wirkende, selbstbewusste Frau, die sich keine Illusionen über ihre Lage macht. Gerade dadurch wirkte ihre Liebe zu Rodolfo äußerst überzeugend und berührend. Auch mit ihrem schönen, gut geführten Sopran nahm sie das Publikum sehr für sich ein. Asher Fisch leitete das Bayerische Staatsorchester. Er begann sehr stürmisch und laut, so dass die Sänger im ersten Bild zunächst Mühe hatten, sich gegen das Orchester durchzusetzen. Später war sein Dirigat dann ausgeglichen und einfühlsam. Am Ende großer Jubel und Bravos, besonders für Mimì und Rodolfo.
Helga Schmöger