MÜNCHEN / PAQUITA – IVY AMISTA als strahlender Mittelpunkt der heiteren Referenz-Produktion des Bayerischen Staatsballetts – 10.01.2016
Inszenierung und ergänzende Choreographie von Alexei Ratmansky, unter Einbeziehung der choreografischen Überlieferung von Marius Petipa (Erschließung der historischen Tanznotationen durch Alexei Ratmansky und Doug Fullington). Die bunte Szenerie samt Kostümen von Jérôme Kaplan ist schon mal der erste Grund zu gehobener Stimmung. Besonders schön das historische Bild von Zaragoza auf dem Zwischenvorhang
Myron Romanul leitete das an diesem Sonntag-Nachmittag etwas unkonzentriert spielende Staatsorchester bei der von ihm selbst revidierten Orchestrierung und Neuinstrumentierung der Musiken von Ludwig Minkus und Edouard-Marie-Ernest Deldevez. Rhythmisch muss hier allerdings alles auf I-Tüpferl genau stimmen, da die Feinheiten der Ausführung auf den Punkt genau zwischen Orchester und Tänzer passen müssen.
Das Damen-Corps auf Hochglanz gebügelt!
Bei Petipa standen die Damen ja stets im Vordergrund, mit der Primaballerina als „Kirsche auf der Torte“ (Neumeier). Die Herren betätigten sich in sogenannten Schreitrollen oder als „Damen-Halter“ und -Führer. Und wie das blitzte und blinkte, die fein exakte Beinarbeit, die wiegenden Arme und alles auf den Punkt mit der Musik. Ein besonderes Highlight im 1. Akt bildete der Pas de trois mit Mai Kono, Katherina Markowskaja und Javier Amo. Letzterer brillierte als Danseur noble par excellence und wurde so zum Zentrum dieser kostbaren Petitesse.
Bei der Rekonstruktion dieses Balletts wurde großer Wert auf die Wiederbelebung der pantomimischen Erzählung der Geschichte gelegt. Das ist ganz vortrefflich gelungen, ohne altmodisch oder gar komisch zu wirken. Erik Murzagaliyev in der männlichen Hauptrolle des Lucien d’Hervilly hat diesbezüglich viel zu „erzählen“ und er macht das großartig – man versteht alles, was er seiner Paquita und dem Publikum zu erzählen hat. Mit seinem hohen tänzerischen Können kommt er hier leider nur wenig zum Zuge. Wenn er dann endlich was zeigen darf, ist das Publikum spürbar erfreut.
Die Kirsche auf dieser leckeren Torte – Ivy Amista in der Titelrolle !
Da hatte ich kürzlich anlässlich einer Onegin-Aufführung etwas von „Sternstunden“ geschrieben. Eine solche erlebte bei dieser Aufführung die Erste Solistin Ivy Amista und das beglückte Publikum mit ihr. Die Paquita ist aber auch ein Paradestück für eine Ballerina erster Güte, und damit natürlich auch für die brillante Brasilianerin. Ohnehin stets die lebende Verkörperung von Charme und Lebensfreude, zaubert sie mit ihren feinen Beinen unglaublich schöne Sachen auf die Bühne. Bei manchen ihrer herrlichen Soli kamen mir fast die Tränen, einfach weils so wunderschön anzusehen war. – Danke, Ivy!
Die übrigen, überwiegend intriganten Personen der Handlung ergehen sich in Schreitrollen, voran Norbert Graf als Inigo, Capo der Zigeunerbande und Vittorio Alberton als hübsch eitler Bösewicht Don Lopez de Mendoza.
Und zum großen Finale der GRAND PAS anlässlich der Hochzeitsfeier: Das Hauptpaar und vier reizende Damen-Variationen, von Nicha Rodboon, Alisa Scetinina und Marta Navarrete Villalba mit viel Charme und Pfiff dargeboten, während Freya Thomas mit ihrem Adagio sichtlich etwas Mühe hatte (ja, ja, die verflixten Adagios, da sieht man halt jeden kleinsten Wackler). – Endlich darf hier Lucien nochmal zeigen, dass er Tanzen kann, und als exzellenter Partner geleitet er seine wunderschöne Erwählte zum Happyend.
Doro Zweipfennig
Paquita läuft noch bis Anfang April in diversen Besetzungsvarianten >
Foto: IvyAmista.edap.art.br