
In der Todesszene : Kristin Lewis, Georges Petean und Maria Nazarova um Ramón Vargas
Wiener Staatsoper
Giuseppe Verdi UN BALLO IN MASCHERA
86.Aufführung in der Regie von Gianfranco de Bosio
Es scheint müßig zu sein, so manches Repertoirestück der Staatsoper in seiner 85. Wiederholung noch hinsichtlich seiner optischen Wirkung zu schildern, tatsächlich kann man aber nicht genug auf dieses Vintage eines Bühnenbildes wie dem Gegenständlichen hinweisen, dass in seiner beinahe rührenden Art des Herbeizitierens eines alten Theaterzaubers auf uns Heutige zu wirken instande ist.
Emanuele “Lele” Luzatti, selbst ein radikal-modern gewesener Ausstatter und Theatermacher, lädt uns immer wieder in die bunt-naive Welt des Barocktheaters ein, zu einem Rückblick auf irreduktible Zeiten, für den die Kostüme der Santuzza Cali noch Beihilfe leisten.

Kristina Lewis
Eher heutig waren dafür die sängerischen Leistungen, das heißt, wie etwa im Fall des Baritons, der zu beweisen versuchte, dass allein mit Lautstärke schon Erfolg herbeigesungen werden kann. Doch mit der Lautstärke brachte George Petean auch seinen ganzen spürbaren und auch spürbar ehrlichen Einsatz und Ausdruck sowie sein Herzblut über die Rampe und glich damit nicht nur so manche fahle Phrase sondern auch schauspielerische Unbeholfenheit aus. Damit war ihm der Erfolg sicher ebenso wie seinem tenoralen Gegenspieler Ramón Vargas, der tapfer über noch hörbare Reste einer Indisposition hinwegsang, aber dank hingebungsvoller Phrasierung und kluger Disposition seiner Kräfte letztlich eine tatsächlich herzerweichende Todesszene gestalten konnte.
Die dritte große männliche Haupt- und Hosenrolle, der des handlungstreibenden Pagen Oscar, den sang die jüngste Neuwerwerbung aus Dominique Meyers Ensemble, die zierliche, aber umso quirligere Russin Maria Nazarova, ein Musterbeispiel an Einsatzfreude, Spielwitz und vor allem an gesanglicher Gestaltung, einschließlich jener Legatobögen, die sie in den Ensembles über alle draufsetzten konnte und das mit einer stimmlichen Dynamik, die beinahe um ihre Stimmbänder bangen ließ.
Dynamik aller Schattierungen ließ auch Kristin Lewis als Amelia hören, feinste Piani aber auch große Ausbrüche, man hört das alles mit Genuß des schönen Timbres wegen und wünscht sich trotzdem mehr ruhige und runde Stimmführung ohne Einbuße der rollenbedingten Exaltation. Dafür, dass diese Sängerin Wien als Wohnort angibt, hat sie eigentlich nur wenige Auftritte in dieser Stadt mit den drei Opernhäusern! Ganze drei Mal in dieser Saison.
Monica Bohinec ist eine respektable Ulrica, besingt die Untiefen ihres Gewerbes mit ebenso tiefreichendem Alt und qualifiziert sich für entsprechende, aber nicht unbedingt dem Belkanto huldigende Partien bestens.
Die Opposition der beiden Grafen Horn und Warting haben in Alexandru Moisiuc und Dan Paul Dumitrescu ihre Vertreter mit deren Bassgewalt gefunden, ersterer hörbar schon aus einem alten Geschlecht, letzterer einer der sanfteren Art. Und Benedikt Kobel hat nach wie vor zwei Steuerkarten, als Richter und als Diener. Der Stimme nach ein unerbitterlicher Jurist.
Nach schwachem Start, die Choreinsätze vor dem Auftritt des Königs klangen nach verschlafener Morgenstund, setzte sich Jesús López Cobos mit seinem so altmodisch unauffällig wirkenden Dirigat durch. Er ist kein Blender “nach hinten”, sondern gibt seine ruhig aber exakt und bestimmt wirkenden Einsätze, ohne sich in Entzückungsverrenkungen zu ergehen.
Schlussapplaus : freundlich aber kurz.
Sitzplätze : fast ausverkauft, aber vor dem Haus noch zu haben.
Stehplätze : Parterre voll, Galerie ca 60%
Pausen : zwei, mit jeweils auffallender Pausenflucht.
Handys, Tablets : keine während der Vorstellung!!
Vorfälle : keine.
Peter Skorepa
MerkerOnline